Celonis:Geld und Erfahrung

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Die Münchner Softwarefirma Celonis holt sich 290 Millionen Dollar bei Investoren. Damit steigt die Bewertung auf 2,5 Milliarden Dollar. Es dürfte eine der größten Finanzierungs­runden für ein deutsches Start-up in diesem Jahr sein.

Von Elisabeth Dostert, München

Es dauert eine Weile bis Bastian Nominacher, 34, sagt: "Das ist schon toll." Der Mitgründer des Münchner Softwareunternehmens Celonis neigt nicht zu verbalem Überschwang, auch wenn es Grund genug gäbe. Wie das 2011 gegründete Unternehmen an diesem Donnerstag bekannt gab, hat es bei neuen und alten Investoren weitere 290 Millionen Dollar eingesammelt. Die Bewertung steigt damit nach eigenen Angaben auf 2,5 Milliarden Dollar. Celonis ist jetzt ein stattliches Unicorn. Als - zu Deutsch - Einhörner gelten Start-ups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar. Die drei Gründer von Celonis, neben Nominacher sind das Alexander Rinke und Martin Klenk, halten aber "nach wie vor die Mehrheit" an dem Unternehmen.

Celonis gilt als einer der führenden Anbieter von "Process Mining". Die Software "schürft" die Daten, die jeder Vorgang in einer Firma hinterlässt, identifiziert die Schwachstellen und gibt Empfehlungen. Zu den Kunden von Celonis zählen Konzerne wie BMW oder die Lufthansa, aber auch viele deutsche Mittelständler. Und die Münchner Universitäten lieferten die Talente, die Celonis dringend benötige.

An der Drittrunden-Finanzierung unter Führung des US-Investors Arena Holdings waren auch Ryan Smith, Mitgründer und Vorstandschef von Qualtrics, und Tooey Courtemanche, Gründer von Procore, beteiligt. Die bisherigen Investoren, Accel und 83 North und die beiden Investoren Alex Ott und Carsten Thoma, zogen mit. Mit den neuen Investoren holt sich Celonis nicht nur Geld, sondern auch Erfahrung. Die Firma Qualtrics betreibt Marktforschung in Echtzeit. Über die Plattform können Unternehmen ermitteln, wie zufrieden Mitarbeiter oder Kunden sind, wie Marke und Produkt wahrgenommen werden. Mitte November 2018 übernahm der Walldorfer Software-Konzern SAP das US-Unternehmen - wenige Tage vor dem geplanten Börsengang für acht Milliarden Dollar. Procore wiederum verkauft eine Software zum Management von Bauprojekten und gilt als Börsenkandidat.

"Wir haben immer versucht, erfahrene Technologieunternehmer als Partner zu gewinnen", sagt Nominacher. Die ersten fünf Jahre finanzierten die drei Gründer ihr Start-up aus eigener Tasche. "Wir waren immer profitabel." In einer ersten Runde steckten im Sommer 2016 die Investoren Accel, 83 North und die beiden Investoren Thoma und Ott 27,5 Millionen Dollar in die Münchner Firma. In einer zweiten Runde gaben Accel und 83 North im Sommer 2018 noch einmal 50 Millionen Dollar und machten Celonis damit zum Unicorn.

Für die Kapitalbeschaffung sei München nie ein Nachteil gewesen, sagt Nominacher. "Kapital ist wichtig. Aber noch wichtiger sind Kunden und Menschen. Es ist viel leichter, Kapital zu bewegen." Die Investoren für die jüngste Runde habe Celonis schnell zusammengehabt. Mit Arena-Chef Feroz Dewan trafen sich die Celonis-Gründer zum Essen in New York. Nominacher war beeindruckt, "wie intensiv sich Feroz Dewan schon mit Celonis beschäftigt hatte". Dewan investiere "sehr selektiv" und wähle Technologieunternehmen aus, "die das nächste Amazon oder Apple" sein könnten.

Die jüngste Finanzierungsrunde dürfte eine der größten für ein deutsches Start-up in diesem Jahr sein. Laut Start-up-Barometer der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY war im ersten Halbjahr die Buchungsplattform "Get Your Guide" der Spitzenreiter. Sie holte sich im Mai bei Investoren 484 Millionen Dollar. Schon Anfang des Jahres sammelte die Direktbank N26 immerhin 300 Millionen Dollar ein. Auf dem dritten Rang lag im ersten Halbjahr das auf die Analyse von App-Nutzerdaten spezialisierte Start-up Adjust mit 227 Millionen Dollar. Am Jahresende dürfte Celonis zur Spitzengruppe gehören.

Ob nach A, B und C der Börsengang folge? "Sicher nicht kurzfristig", sagt Nominacher. "Wir wachsen dynamisch. Bislang hatten wir die Zeit und den Luxus, den Zeitpunkt für den nächsten Schritt selbst zu bestimmen." Mit dem Geld wolle Celonis weiter wachsen. "Ich glaube fest an das Glück des Tüchtigen."

© SZ vom 22.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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