Casinos in der Krise:Ausgespielt

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Roulette-Kessel in der Spielbank Hannover (Foto: dpa)

Deutschlands Casinos stecken in einer tiefen Krise. Spielbanken müssen schließen, Mitarbeiter werden entlassen, Spieler wandern ins Internet ab. Aber nicht nur dahin.

Von Charlotte Frank

Nur einmal angenommen, es würde einen an Donnerstagen wie diesen in Niedersachsen der Spieltrieb packen. Man könnte sich ja kaum entscheiden, wohin: In der Spielbank in Bad Zwischenahn ist ein Zahlentresor mit Grillpaketen und Jetons gefüllt, und wer weiß, mit etwas Glück ließe sich dort vielleicht das eine oder andere Würstchen gewinnen. In der Spielbank Bad Harzburg dürfen alle Besucher das Gewicht von 50-Cent-Münzen schätzen, und derjenige mit dem besten Tipp bekommt das Kleingeld. Die Spielbank Bad Bentheim wiederum wirbt mit einer kostenlosen Akku-Ladestation für alle E-Bike-Fahrer.

So weit zur Lage der niedersächsischen Spielbanken. Gäste kommen auf Elektrofahrrädern. Sie knobeln um Koteletts und spielen um 50-Cent-Stücke. Natürlich ist das Bild, das sich nach Lektüre des Programmhefts abzeichnet, ein bisschen schief, aber so viel stimmt: Den Spielbanken in Niedersachsen geht es nicht gut. Mehr noch: Den Spielbanken bundesweit geht es nicht gut. In Deutschland herrscht Spielbankenkrise.

Die Spielbanken Niedersachsen mussten 2009 in Hannover, Bad Harzburg und Bad Zwischenahn 100 Mitarbeiter entlassen. Sie setzen nun verstärkt auf flankierende Zusatzaktionen zu den Spielen. Die Spielbanken Mecklenburg-Vorpommern mussten Anfang August die Häuser in Schwerin und Rostock schließen. 2014 sollen Binz, Heringsdorf und Stralsund folgen, dann gibt es im Land kein einziges Casino mehr. In Schleswig-Holstein musste das traditionsreiche Casino Travemünde nach Lübeck ziehen - wenn das Geschäft noch läuft, dann in den Städten.

Das Jahr 2008

Die Liste aus den Ländern ließe sich lang fortsetzen, aber Martin Reeckmann fasst den Trend lieber in Zahlen: "Seit 2008 sind die Brutto-Spielerträge bundesweit um 42 Prozent gesunken", sagt der Vorsitzende des Bundesverbands privater Spielbanken. Ebenfalls seit 2008 seien die Gästezahlen um 33 Prozent eingebrochen. Und gab es 2008 noch 78 Spielbanken, sind nur noch 71 übrig. 2008, das Jahr kommt in jeder von Reeckmanns Negativ-Statistiken vor. Wegen der zwei Gesetze, die die Casinos in diesem Jahr empfindlich trafen: Nichtraucherschutzgesetz und Glücksspielstaatsvertrag.

Der Glücksspielstaatsvertrag erlegt den Spielbanken ein Werbeverbot auf. Er schreibt ihnen strenge Zugangskontrollen vor. Er verbietet ihnen Casinospiele im Internet - die Spielbanken Hamburg und Wiesbaden, die diesen Markt gerade für sich entdeckt hatten, mussten ihre Seiten abschalten. Aber gerade im Internet ist mit Poker- und Casinospielen heute das große Geschäft zu machen, viele Spieler wandern dorthin ab.

Viele wandern aber auch in eine der 12.000 gewerblich betriebenen Spielhallen ab. In diesen Hallen, die es in fast jeder Stadt an jeder Ecke gibt, wird das Rauchverbot laxer gehandhabt, auch viele andere Auflagen aus dem Glücksspielstaatsvertrag gelten nicht oder werden nicht so streng kontrolliert wie in den staatlich konzessionierten Spielbanken. Dort wiederum, sagt Karen Krüger von den Spielbanken Niedersachsen, habe ein Wandel stattgefunden. "Die Zeiten sind vorbei, in denen Drafi Deutscher mit den Worten ,Champagner für alle' den großen Koffer öffnete."

© SZ vom 22.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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