Bundesmittel:Rechnungshof wirft Ländern Missbrauch beim Ganztagsschulprogramm vor

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Statt die ganztägige Betreuung von Schülern zu fördern, würden mit dem Geld vom Bund Schulen saniert. Bildungsministerin Schavan kündigte an, die Bundesmittel zurückzufordern, sollte das Geld tatsächlich zweckentfremdet worden sein.

Mit dem Geld würden auch "Schuldächer und Heizungen saniert, die Einfahrt und der Zaun erneuert oder das Schulmuseum umgebaut", zitiert Die Welt aus dem ihr vorliegenden Bericht des Bundesrechnungshofs. Die Behörde in Bonn bestätigte die Existenz des Berichtes, der dem Bundesbildungsministerium vorgelegt worden sei.

Die Länder wehren sich gegen den Vorwurf. "Wir sehen uns davon nicht betroffen", sagte eine Sprecherin von Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos) der Nachrichtenagentur dpa in Magdeburg. In Mecklenburg-Vorpommern sind nach Darstellung des dortigen Bildungsministeriums ebenfalls alle Bundesmittel für das Ganztagsschulprogramm sachgerecht verwendet worden.

Vergabeverfahren fördert Missbrauch

Auch die zuständigen Ministerien in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wiesen die Vorwürfe zurück. Mitnahmeeffekte seien in NRW auf Grund einer klaren Förderrichtlinie und intensiver Beratung durch die Bezirksregierungen "weitestgehend ausgeschlossen", teilte das Schulministerium in Düsseldorf mit.

Der Rechnungshof in Baden-Württemberg hatte bereits vor einem halben Jahr den Umgang des Landes mit den Bundesmitteln kritisiert. Eine Sprecherin des Kultusministeriums in Stuttgart erklärte jedoch: "Der Landesrechnungshof hat nie kritisiert, dass Bundesmittel missbräuchlich verwendet worden seien, sondern das formale Verfahren."

Keine Kontrolle möglich

Allerdings habe der LRH diesem Verfahren vorher selbst zugestimmt. Die Möglichkeit zum Um- und Ausbau schon vorhandener Schulen war 2003 auf Druck von unionsgeführten Länder ausdrücklich in die Bund-Länder-Vereinbarung über das Vier-Milliarden-Euro-Programm aufgenommen worden.

In seinem aktuellen Bericht kritisiert der Rechnungshof nun den Umbau oder die Sanierung von Schulen: "Es erschließt sich nicht, dass dies ausschlaggebend sein könnte, eine neue Ganztagsschule oder eine bestimmte Anzahl neuer Ganztagsschulplätze zu schaffen." Darüber hinaus sei "nicht sichergestellt, dass die geförderten Investitionen über das Ende des Förderzeitraums hinaus für ganztagsschulische Zwecke verwendet werden."

Der Bundesrechnungshof bemängelt zudem, dass es für die Länder "keine Verpflichtung und keinen besonderen Anreiz" gebe, die Bundesmittel "möglichst effizient" einzusetzen. Der Bund wiederum erhalte keine unmittelbaren Informationen zum Mitteleinsatz. "Er hat weder Kontroll- noch Steuerungsmöglichkeiten." Eine Erfolgskontrolle für das Investitionsprogramm werde aus diesen Gründen "kaum möglich sein".

Länder sollen zurückzahlen

Die Bund-Länder-Vereinbarung, die 2003 nach schwierigen Verhandlungen von der damaligen Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) und den Ländern abgeschlossen wurde, sieht allerdings Stichproben vor. Weitere Überprüfungen durch den Bund sowie die Vorlage eines pädagogischen Konzepts als Bedingung für die Mittelgewährung hatten die Länder in den Verhandlungen unter Hinweis auf ihre "eigenstaatliche Verantwortung" kategorisch abgelehnt.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hielt einem Teil der Länder vor, sich weiterhin gegen den Ausbau der Ganztagsschulen zu sperren, obwohl es in der Bevölkerung eine deutliche Mehrheit dafür gebe. "Wer den Ländern mit der Föderalismusreform noch mehr Eigenständigkeit und Verantwortung in Bildungsfragen geben will, sollte sich gut überlegen, was er tut", sagte der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne.

Das Bundesbildungsministerium erklärte, der Rechnungshofbericht werde zur Zeit geprüft. Auch die Kultusministerkonferenz (KMK) sei unterrichtet worden. Die Länder hätten sich "zur zweckentsprechenden Verwendung der Bundesmittel und zum Nachweis der Mittelverwendung verpflichtet". Sollten die Finanzhilfen nicht den Zweckbindungen entsprechen, seien die Länder verpflichtet, das Geld zurückzuzahlen.

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