Bundesligarechte:Das Milliardenspiel

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Die Deutsche Fußball Liga und Kirch planen einen Programmbeirat für die gemeinsame Produktionsfirma.

Christopher Keil

Noch sind die Rechtepakete für den Verkauf der Fußball-Bundesliga-Spiele nicht verschickt, doch spätestens Anfang März soll es so weit sein - auf jeden Fall "in Kürze" vermeldete die Deutsche Fußball Liga (DFL).

Der eigentliche Ausschreibungsprozess wird vier Wochen nach der Ankündigung beginnen, so legt es das EU-Recht fest. Anfang April begänne dann die größte Auktion um die Fernsehrechte der ersten und zweiten Bundesliga, ein Ball pompös.

Nach weiteren vier Wochen müssten die Angebote abgegeben sein, Ende Mai, Anfang Juni könnten erste Abschlüsse vermeldet werden - sofern das Kartellamt die Zentralvermarktung der Bundesliga sowie das neue TV-Rechte-Modell genehmigt.

Fertiges Programm statt Rechte

Drei Milliarden Euro hat der Unternehmer Leo Kirch, 81, den Profiklubs garantiert von 2009 an bis 2015, durchschnittlich 500 Millionen für jede Spielzeit. Eine phantastische Investitionssumme stünde dem deutschen Vereinsfußball künftig zur Verfügung. Je nach Anschauung war sie einigen zu phantastisch und anderen nicht phantastisch genug. 443,3 Millionen Euro erzielt die DFL gegenwärtig. Die Auslandsrechte vergibt sie noch direkt. An wen, steht bislang nicht fest.

Am Dienstag beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat der Bundesliga-Vereinigung, den Vermarktungsvertrag mit dem neuen Partner KF 15 GmbH & Co KG - Gesellschafter sind Leo Kirchs Frau Ruth und Kirchs Vertrauter Dieter Hahn - zu unterzeichnen. Darin enthalten ist die Gründung einer Produktionsfirma, die zu 51 Prozent der KF-15-Tochter Sirius und zu 49 Prozent der DFL gehört.

Das Joint Venture soll die Live-Bilder und Highlight-Zusammenfassungen für den Pay-TV-Markt herstellen. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert will die Eintrittshürde für Interessierte (Pay-TV-Sender, Kabelgesellschaften, Mobilfunkunternehmen) senken. Fertiges Programm erwirbt man seiner Ansicht nach leichter als das Recht, ein Programm ausstrahlen zu dürfen verbunden mit Produktionskosten und den Zwängen einer technisch Durchleitung.

Anbieter aus dem Free TV (u.a. ARD, ZDF, RTL) können ihre Berichte und Live-Spiele redaktionell weiterhin selbst aufbereiten. Die Manager der Pay-TV-Plattform Premiere fühlen sich deshalb diskriminiert. Seit Mitte Januar hält Kirchs langjähriger Konkurrent Rupert Murdoch (76/News Corp) circa 15 Prozent an Premiere, das Bundeskartellamt prüft einen Beschwerdebrief. Premiere bezweifelt die Rechtmäßigkeit des Joint-Ventures zwischen DFL und Kirch und verlangt, die Spiele wie bisher eigenverantwortlich verarbeiten zu dürfen.

Argumentiert wird dabei gerne mit der journalistischen Unabhängigkeit, die zerstört würde, konfektionierte der Rechte-Besitzer mit dem Rechte-Vermarkter das Fernsehprogramm. Ein heikler Punkt, denn auch in mancher Staatskanzlei genießt die unabhängige Berichterstattung von Fußball-Spielen besondere Beachtung.

In dieser Situation redeten KF-15-Chef Dieter Hahn und die DFL-Vorstände sowie -Aufsichtsräte am Dienstag in Dortmund über einen Notfallplan: Nach SZ-Informationen wollen Sirius und DFL für das gemeinsame Produktionsunternehmen einen Programmbeirat einrichten. Alibivorschlag oder ernste Absicht? Die Sorge vor einer ablehnenden Kartellamtsentscheidung scheint nicht eben gering zu sein. Emeritierte Intendanten wie Fritz Pleitgen, früher beim WDR, oder Jobst Plog, früher NDR, könnten in den Beirat berufen werden und Sorge tragen, dass bei der Aufbereitung der Bundesliga-Spiele nicht gegen journalistische Standards verstoßen wird. Angedacht ist, im Beirat Medienprofis und Fußballvertreter zu mischen.

Seit der Privatsender Sat 1 die Bundesligashow ran 1993 installierte und der ARD-Sportschau die Berichterstattung an den Spieltagen wegkaufte, ist immer wieder über die Inszenierung des Fußballs diskutiert worden, auch anlässlich der Einführung von Live-Spielen im Pay TV bei Premiere (1991). Hinsichtlich optischer und werblicher Aufbereitung hat die Bundesliga-Sportschau den ran-Status längst erreicht.

2005, bei der Rechteausschreibung für die Spielzeiten 2006 bis 2009, hat die DFL den damals 35 Nachfragern 233 Rechtepakete inklusive der Unterpakete offeriert. Über die anstehende Ausschreibung ist noch wenig bekannt. Vermutlich wird es aber drei Sonntagsspiele geben. Wegen der Erfahrung mit den Uefa-Cup-Auftritten deutscher Teams an Donnerstagen hat die DFL schon für die kommende Saison im Bedarfsfall ein drittes Sonntagsduell angemeldet. Dass es 2009 zum festen Repertoire wird mit der Chance, die TV-Einnahmen mit einem weiteren Live-Spiel im Free TV zu erhöhen, wird niemand abstreiten.

Diskutiert wird auch das schon 2005 von DFL-Geschäftsführer Seifert unterbreitete "Spiel des Monats" - allerdings nicht, wie Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge Mittwoch verbreitete, um 18.15 Uhr, sondern von 20.15 Uhr an. Free-TV- Sender wie Sat 1 könnten so ein ohnehin nicht exklusives Live-Spiel - Premiere wird auf alle Spiele bieten - zwischen 18 und 20 Uhr nicht refinanzieren. Außerdem entstünden in diesem Zeitfenster doppelte Kosten: zum teuren Fußballspiel käme um 20.15 Uhr der nicht billige Blockbuster (geschätzte zwei bis vier Millionen Euro).

Die DFL hatte beim "Spiel des Monats" zunächst den internationalen Spielplan im Blick. Zum Beispiel brasilianische Profis kehren von Länderspielen selten vor Donnerstagabend oder Freitagmorgen nach Deutschland zurück. Der Reihe nach hätten alle Bundesligisten von einer Verschiebung auf den Samstagabend profitiert. Mittlerweile hat der Fußball-Weltverband Fifa beschlossen, von Herbst an jedes zweite Länderspiel dienstags austragen zu lassen.

"Das Spiel der Woche" wird als Teil irgend eines DFL-Paketes in der Ausschreibung bleiben, nur, um es überhaupt anbieten zu könne. Es hätte für Premiere den Charme, dass es keine Free-TV-Zusammenfassung mehr an Samstagen vor 22 Uhr gäbe. "Wenn wir mehr Erlöse erzielen wollen und mehr an die Liga zahlen sollen", sagte Premiere-Sport-Vorstand Carsten Schmidt neulich, "dann kann es die Sportschau um 18.30 Uhr nicht mehr geben." Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten!

© SZ vom 21.2.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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