Bundesbankgewinn:Goldesel der Bundesregierung lahmt

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Nur mit einem Bilanzkniff hat die Bundesbank 2004 noch ein kleines Häuflein Gewinn von 676 Millionen Euro von sich gegeben. Finanzminister Eichel, der mit 3,5 Milliarden Euro rechnete, fordert deswegen Goldverkäufe.

Der Goldesel der Bundesregierung spuckt kein Gold mehr. Die Bundesbank hat 2004 nur mit einem Bilanzkniff noch ein kleines Häuflein von 676 Millionen Euro Gewinn von sich gegeben - und damit Bundesfinanzminister Hans Eichel ein Loch in den Haushalt gerissen.

Goldbarren in einem Regal der Bundesbank. (Foto: Foto: dpa)

"Die Zeiten sind vorbei, in denen der Bundesbankgewinn eine üppige Milliarden-Einnahmequelle für den Bund war", sagt der Chefvolkswirt der ING-BHF-Bank, Uwe Angenendt. Der Ökonom hält die Haushaltsplanung des Bundes schlicht für "unseriös", weil sie weiterhin jährlich 3,5 Milliarden Euro Einnahmen aus dem Bundesbankgewinn erwartet. "Das ist in der derzeitigen Situation eine Luftbuchung."

Einst zuverlässiger Geldlieferant

Seit Mitte der 80er Jahre war die nationale Notenbank für die Regierung ein zuverlässiger Geldlieferant. Von Frankfurt flossen seit dieser Zeit nach Bonn und später Berlin 116 Milliarden Euro - das waren im Schnitt rund 6 Milliarden Euro im Jahr. 3,5 Milliarden Euro davon gingen in den Haushalt, der Rest wurde zur Schuldentilgung eingesetzt.

Jetzt ist alles anders: Der schwache Dollar, das niedrige Zinsniveau sowie strukturelle Veränderungen in der Bundesbankbilanz schmälern den Gewinn auch 2005.

"Seit Einführung der Währungsunion kann die Bundesbank nicht mehr Geldlieferant in diesem Ausmaß sein", sagt der Chefvolkswirt der Deka-Bank, Ulrich Kater.

Umverteilung

Die Bundesbank wurde im Eurosystem zum Nettozahler und profitiert weniger als zuvor von den monetären Einkünften aus der Banknotenausgabe. Die Umverteilung ergibt sich, weil die Bank überdurchschnittlich mehr Bargeld in die Währungsunion einbrachte als andere Notenbanken.

Die Abkehr von der traditionellen Rolle als sprudelnde Ertragsquelle macht der Bundesbank das Leben schwer. Die Notenbank ist zwar nicht dem Ziel der Gewinnmaximierung verpflichtet, sondern der Preisstabilität.

Doch die Bank bekommt immer härter den Druck der Regierung zu spüren, die einen Ausgleich für den entgangenen Gewinn verlangt. Das Klima zwischen Berlin und Frankfurt beschreiben Insider inzwischen als "eisig". "Wenn die Konjunktur schlecht ist und die Haushaltslage schlecht, dann sind die Forderungen an die Bundesbank besonders hoch", sagt Volkswirt Michael Schubert von der Commerzbank.

Begehrliche Blicke

In seiner Finanznot hat Minister Eichel begehrliche Blicke auf die Goldreserven der Bundesbank geworfen. Eichel hat die Bank mehrfach aufgefordert, Gold aus der mehr als 3400 Tonnen schweren Reserve zu verkaufen. "Gold bringt keine Zinsen, und der Goldpreis ist derzeit hoch", drängte Eichel im Dezember 2004.

Der Vorstand um Bundesbankpräsident Axel Weber verweigerte sich dem Ansinnen und beschloss, zunächst kein Gold zu verkaufen und 2005 nur acht Tonnen. "Die Goldbestände sind Teil des Volksvermögens und haben für die Bevölkerung einen hohen Symbolwert", sagte Weber zur Begründung.

Politischer Druck kontraproduktiv

"Als unabhängige Institution darf die Bundesbank nicht in den Verdacht kommen, sich politischem Druck zu beugen", sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt Europa bei der Bank of America. "Die Politik wäre besser beraten, die Bank in Ruhe zu lassen."

Zudem könne Tafelsilber nur einmal verkauft werden - das löse nicht das Budgetproblem. Die Bank of America empfiehlt den Währungshütern, Alternativen für die Geldanlage zu suchen wie Unternehmensanleihen und die Währungsreserven auf verschiedene Währungen aufzuteilen. Derzeit sind 98 Prozent der Reserven in US-Dollar angelegt.

Streitthema Stabilitätspakt

Ein Streitthema ist auch der Euro-Stabilitätspakt. Mit Querschüssen stört die Bundesbank immer wieder die Regierung auf der europäischen Bühne. Berlin kämpft für eine Lockerung des Euro-Stabilitätspaktes, nachdem Deutschland 2004 die Drei-Prozent-Defizitmarke zum dritten Mal verletzt hat.

Die Bundesbanker wettern gegen eine solche "Schwächung des Paktes" und fordern einen harten Sparkurs. Ein Ende der politischen Eiszeit zwischen Frankfurt und Berlin ist daher nicht in Sicht.

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