Bundesanstalt für Arbeit:Protest gegen Aufstockung der Mammutbehörde

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Bei SPD und Grünen regt sich Widerstand gegen den Plan der eigenen Regierung, die Bundesanstalt für Arbeit mit ihren 90.000 Angestellten um 11.800 zusätzliche Stellen aufzublähen.

Von Robert Jacobi

(SZ vom 05.08.03) - Die Arbeitsämter sollen nach den Plänen der Bundesregierung ab dem kommenden Jahr auch rund eine Million erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger betreuen. Bisher kümmern sich Städte und Gemeinden um diese Klientel.

In Zukunft bekommen Langzeitarbeitslose statt Sozialhilfe das neue Arbeitslosengeld II, dessen Träger die Bundesanstalt für Arbeit - künftig "Bundesagentur für Arbeit" - sein soll. Um diese Aufgabe zu bewältigen, braucht die Nürnberger Bundesanstalt nach eigenen Angaben bis zu 10.000 Stellen zusätzlich.

Experten im Haus von Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement beziffern den Bedarf sogar auf 11.800 Stellen. Diese Aufstockung von jetzt schon rund 90.000 Mitarbeitern wollen aber selbst die Regierungsparteien nicht mittragen.

"Interne Umbauten"

Die Bundesanstalt könne "durch interne Umbauten" genug Mitarbeiter freibekommen, "um diese Kunden zu betreuen", sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner, der Süddeutschen Zeitung.

Darüber hinaus sollten Arbeitsämter bei Kommunen oder Wohlfahrtsträgern die Leistungen erfahrener Betreuer vertraglich "einkaufen". Gerade junge Arbeitslose, die auf das Berufsleben vorbereitet würden, seien nebenberuflich zu betreuen, auch von "engagierten Ruheständlern".

"Reduzierung vorstellbar"

Die Arbeitsämter sollten "auch mittelfristig" keine neuen Mitarbeiter bekommen. Wenn die Wirtschaftslage besser werde, sei sogar ein Abbau vorstellbar. "Wir brauchen keine Mammutbehörde", sagte Brandner.

Die Grünen unterstützen diese Linie. "Die Schaffung neuer Stellen wäre völlig unpassend", sagte die Fraktionsvizechefin im Bundestag, Thea Dückert.

Verwaltungsaufwand sinkt

Mit den Reformgesetzen sinke der Verwaltungsaufwand bei den Arbeitsämtern deutlich. Allein für die Berechnung und Auszahlung des Arbeitslosengeldes werde mindestens jeder Zehnte der heute 36.000 Fachleute nicht mehr gebraucht. "Da wird Luft geschaffen", sagte Dückert. Auch langfristig sollten Städte und Gemeinden in den neuen Jobcentern ihre Erfahrung bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen einbringen. "Das muss die Bundesanstalt nicht mühsam lernen", ergänzte Dückert.

Bei dem Spitzengespräch von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit den wichtigsten Ministern und den Fraktionschefs von SPD und Grünen sollten am Montagabend in Hannover auch die beiden Reformgesetze für den Arbeitsmarkt eine Rolle spielen.

Das erste Paket regelt den Umbau der Bundesanstalt, das zweite die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II. Bund, Länder und Gemeinden streiten um Zuständigkeit und Finanzierung der neuen Leistung.

Während SPD und Grüne die Trägerschaft durch die Bundesanstalt grundsätzlich befürworten, halten die Union und von ihr regierte Bundesländer wie Baden-Württemberg und Hessen - aber auch Schleswig-Holstein - die Kommunen für geeigneter.

"Bundessozialamt fatal"

"Ich hielte es für fatal, wenn die Arbeitsverwaltung zum Bundessozialamt wird", sagte der CDU-Arbeitsmarktexperte Karl-Josef Laumann. Die Union werde in den Bundestag und später auch den Bundesrat einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen.

Entschieden werde dann im Vermittlungsausschuss. "Neueinstellungen sind zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls indiskutabel", sagte Laumann. Grundsätzlich schlage die Regierung mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe aber den "richtigen Weg" ein.

Der Gesetzentwurf der Regierung sieht "zumindest übergangsweise" eine "arbeitsteilige Administration bei einheitlicher Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit" vor. Ein Mitarbeiter im Arbeitsamt soll durchschnittlich nur 75 erwerbsfähige Empfänger betreuen. Dieses Verhältnis ist nach Angaben der Bundesanstalt ohne zusätzliche Stellen nicht erreichbar.

In Eigenregie sollen die Kommunen nur noch die klassische Sozialhilfe - künftig "Sozialgeld" - für jene rund eine Million Menschen abwickeln, die nicht erwerbsfähig sind.

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