Brennende Akkus:Schwelendes Verfahren

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Das verschmorte Handy aus dem Flugzeug der Southwest Airlines. (Foto: Brian Green/Reuters)

Samsung und die Akku-Probleme: Mindestens zwei als sicher geltende Galaxy-Note-7-Handys geraten in Brand. Und das Dumme ist: Es soll sich um Austauschgeräte handeln.

Von Simon Hurtz, München

"Beim ersten Mal ist es ein Unfall, beim zweiten Mal ein Zufall, beim dritten Mal eine feindliche Handlung." So reagiert Bond-Bösewicht Auric Goldfinger auf seine scheinbar zufälligen Begegnungen mit 007. Mittlerweile wird das Zitat auch in der IT-Branche verwendet: Wenn ein Fehler mehrmals auftritt, steckt System dahinter.

Samsung befindet sich gerade irgendwo zwischen Alarmstufe zwei und drei. Seit Monaten gehen immer wieder Smartphones in Flammen auf, alleine in den USA sind knapp 100 brennende Galaxy Note 7 dokumentiert. Darauf reagierte Samsung mit einer Rückrufaktion und versprach, alle bereits verkauften Smartphones zu ersetzen. Ende vergangener Woche wurde dann bekannt, dass sich eines der vermeintlich sicheren Austauschgeräte entzündet hatte; ausgerechnet an Bord eines Flugzeugs. Das war der erste Vorfall.

Nummer zwei und drei folgten an diesem Wochenende direkt nacheinander. Am Samstag erzählte eine 13-Jährige aus Connecticut dem lokalen Fernsehsender KSTP, dass ein Ersatzgerät in ihrer Hand angefangen habe zu schmelzen. Sie selbst kam mit einer kleinen Brandwunde an ihrem Daumen glimpflich davon. Der Brand ist mit Fotos dokumentiert. Der Vater des Mädchens zeigte den Journalisten außerdem Kaufbelege, die belegen sollen, dass er das Galaxy Note 7 Ende September gegen ein neues Smartphone ausgetauscht habe. Das Unternehmen versicherte, dass es in Kontakt mit der Familie stehe und "jede Beschwerde ernst" nehme.

Nachts um vier Uhr fing das Handy an zu zischen, das Schlafzimmer war voller Rauch

Seit der Nacht von Samstag auf Sonntag bestehen Zweifel an dieser Aussage. Da veröffentlichte der Fernsehsender WKYT den Bericht eines Samsung-Nutzers aus dem Bundesstaat Kentucky. Er sei um vier Uhr nachts von einem zischenden Geräusch geweckt worden. Das Schlafzimmer sei voller Rauch gewesen. Das Galaxy Note 7 habe in Flammen gestanden, obwohl es nicht zum Aufladen angeschlossen gewesen sein und "einfach nur herumgelegen" habe. Später diagnostizierten Ärzte eine Rauchvergiftung und akute Bronchitis, die Unterlagen liegen dem Sender vor.

Besonders unangenehm für Samsung ist das Timing: Der Brand ereignete sich bereits am Dienstag, also noch vor dem Vorfall im Flugzeug. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte Samsung also gewarnt sein müssen. Im Gegensatz zu den beiden anderen Zwischenfällen gibt es beim Brand in Kentucky aber noch keine Beweise, dass es sich tatsächlich um ein Austauschgerät handelte. Der Besitzer des Smartphones weigerte sich, Samsung das Gerät für Untersuchungen zu überlassen.

Der Mann sagte, dass er anfangs das Gefühl hatte, dass Samsung ihm wirklich helfen wolle. Dann jedoch habe ihm ein Mitarbeiter versehentlich eine SMS geschickt, die wohl nicht für ihn bestimmt gewesen sei: "Ich kann versuchen, ihn auszubremsen, falls wir denken, dass es wichtig ist; oder wir lassen ihn einfach das tun, womit er droht, und schauen, ob er es wirklich tut." Diese Nachricht sei für ihn der Grund gewesen, an die Öffentlichkeit zu gehen.

Bereits nach dem Brand im Flugzeug am Donnerstag hatte Samsung zurückhaltend reagiert. Das Tech-Portal The Verge hatte ein Foto der Verpackung des Galaxy Note 7 gezeigt, auf dem eindeutig zu sehen ist, dass ein Ersatzgerät betroffen war. Samsung erklärte daraufhin bloß, dass man mit den Behörden zusammenarbeite, den Fall aber nicht bestätigen könne, bevor das Gerät untersucht worden sei.

Andere Reaktionen fallen eindeutiger aus: Der Mobilfunk-Provider AT & T überlegt, das Smartphone aus dem Sortiment zu nehmen. Alle vier großen Netzbetreiber in den USA bieten Kunden mittlerweile an, das Galaxy Note 7 durch ein Gerät eines anderen Herstellers zu ersetzen, unabhängig davon, ob es sich um ein Smartphone handelt, das Samsung bereits ausgetauscht hat und offiziell als sicher bezeichnet.

Sollte sich auch in Kentucky bestätigen, dass dort ein Austauschgerät brannte, wäre wohl zumindest für Auric Goldfinger klar: Das kann kein Zufall mehr sein, jetzt muss Samsung handeln.

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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