Branchenreport:Know-how aus Deutschland gefragt

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Gemischte Jahresbilanz: Während die Auslandsgeschäfte wachsen, bereiten die seit Jahren rückläufigen Investitionen im Inland Kopfzerbrechen.

Thomas Schulze

Friedhelm Westebbe, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Leasing-Unternehmen e. V. (BDL/Berlin), ist zuversichtlich was die Aussichten der Leasing-Branche für das Gesamtjahr 2005 betrifft: "Es sieht gut aus." Diesen Eindruck vermittelt zumindest das Ergebnis der BDL-Umfrage zum 30. Juni.

Erneut erwies sich das Leasing-Geschäft mit Fahrzeugen, Maschinen und Computern im zweiten Quartal 2005 als Investitionsmotor. Die Wachstumsrate betrug hier 12,9 Prozent, während es im ersten Quartal noch 6,3 Prozent waren. "Die Leasing-Unternehmen sind mit über 40 Milliarden Euro Investitionsvolumen in Ausrüstungen pro Jahr der größte Investor in Deutschland", sagt Westebbe.

Daneben beobachtet der Verband, dass deutsche Leasing-Unternehmen zunehmend Geschmack am Ausland finden. "Dem Auslandsgeschäft kommt ein immer größerer Stellenwert zu, sei es durch grenzüberschreitendes Leasing oder durch geschäftliche Aktivitäten von Auslandstochter-Gesellschaften", erklärt BDL-Präsident Horst-Günther Schulz.

Nach der EU-Erweiterung böten sich insbesondere in Mittel- und Osteuropa hervorragende Marktchancen. Er erwartet, dass die Auslandsaktivitäten deutscher Leasing-Firmen auf absehbare Zeit weiter überproportional zunehmen werden, solange das derzeit besonders attraktive Verhältnis von Risiken und Margen in den "Emerging Markets" anhalte.

Beliebt im Mittelstand

Generell stellt der Leasing-Verband fest, dass das Know-how deutscher Leasing-Unternehmen im Ausland gefragt ist. "Erst vor einigen Wochen hatten wir eine hochrangige Delegation aus China in Berlin zu Besuch", erzählt BDL-Geschäftsführer Westebbe. Nach seinen Worten ist man in China gegenwärtig sehr interessiert, moderne Leasing-Strukturen sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich aufzubauen. Hier erhoffen sich die Chinesen Impulse und Anregungen aus dem Erfahrungsschatz der Branche in Deutschland.

Kopfzerbrechen bereitet allerdings die seit Jahren rückläufige Investitionsentwicklung in Deutschland. So betrugen die gesamtwirtschaftlichen Investitionen 1996 bereits 257 Milliarden Euro, stiegen im Jahr 2000 auf 300 Milliarden Euro, um dann kontinuierlich bis 2004 auf 253 Milliarden Euro zu sinken.

"Damit ist das Investitionsvolumen in Deutschland wieder auf dem Niveau von 1996", sagt Schulz. Bei den Ausrüstungsinvestitionen ergibt sich nach seinen Angaben im Vergleich 2000 mit 2004 ein Rückgang um 30 Milliarden Euro. Dies bedeutet ein Minus von 15 Prozent. Im Vergleich dazu haben die Leasing-Investitionen seit 1996 von 34 Milliarden Euro um 13 Milliarden Euro oder 38 Prozent zugenommen. Allein dieser Vergleich unterstreiche den enormen Bedeutungszuwachs, den das Leasing erfahren hat.

Gut sah es im vergangenen Jahr beim Mobilien-Leasing aus. "Hier stieg das Neugeschäft um 5,2 Prozent und überschritt erstmals die Marke von 40 Milliarden Euro", sagt Schulz. Jahr für Jahr erreiche die Leasing-Quote in diesem Bereich neue Rekordwerte und belaufe sich jetzt bereits auf 24,2 Prozent.

"Damit hat das Mobilien-Leasing seine Position als Investitions-Alternative Nummer eins ausbauen können und erfreut sich in Zeiten von Basel II und nach wie vor zurückhaltender Kreditvergabepolitik der Banken auch beim Mittelstand größerer Beliebtheit denn je", meint der BDL-Chef.

Sorgenkind Immobilien-Leasing

Weniger zufrieden ist er mit der Entwicklung des Immobilien-Leasing. Hier kam es zu einem Rückgang um mehr als 20 Prozent. Dies sei zum einen ein Spiegelbild der rezessiven Entwicklung der gewerblichen und staatlichen Baunachfrage.

Zum anderen wirke sich die 2004 in Kraft getretene Mindestbesteuerung aus. Als erfreulich bezeichnet es der BDL-Präsident, dass sich der Markt für die Refinanzierung von Leasing-Gesellschaften durch den Eintritt zahlreicher neuer Anbieter belebt hat.

Was die Kundenstruktur der Leasing-Branche betrifft, so ist im Mobilien-Leasing der Dienstleistungssektor mit Kreditinstituten, Versicherungen und sonstigen Dienstleistern führend. Ihr Anteil am Leasing-Neugeschäft betrug im vergangenen Jahr 34 Prozent. Nach Angaben des Verbandes belief sich das Volumen an Leasing-Investitionen, die in diesen Sektor geflossen sind, auf 13,8 Milliarden Euro.

Allerdings ist es mit einer Rate von fünf Prozent nur unterdurchschnittlich gewachsen. Bis vor einigen Jahren stellte das Verarbeitende Gewerbe die bedeutendste Kundengruppe, inzwischen wurde es von der Dynamik des Dienstleistungssektors überflügelt. Sein Anteil am Neugeschäft betrug im vergangenen Jahr 20 Prozent. Das Volumen der Investitionen erreichte 8,1 Milliarden Euro und ist gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent gewachsen.

Der private Sektor, der erst in den achtziger Jahren für das Leasing erschlossen wurde, verbuchte 2004 einen Anteil am Neugeschäft von elf Prozent. Das investierte Volumen erreichte 4,4 Milliarden Euro und legte damit um 31 Prozent zu. "Das vorherrschende Objekt im Privat-Leasing ist der Pkw", heißt es beim BDL. Woher aber kommt dieser enorme Zuwachs ?

"Das muss vor dem Hintergrund einer schwachen Nachfrage und von Überkapazitäten in der Automobilindustrie gesehen werden." Die Hersteller seien bestrebt, über günstige Leasing-Konditionen den Absatz ihrer Produkte zu fördern.

Wachstumspotenzial für das Leasing besitze der Staat aufgrund seines großen Investitionsvolumens. Er habe laut BDL im vergangenen Jahr einen Anteil von drei Prozent am Neugeschäft gehabt. Das Geschäftsvolumen belief sich auf insgesamt 1,2 Milliarden Euro, gegenüber 2003 sei das eine Steigerung von 75 Prozent.

Den beachtlichen Anstieg begründet die Branche mit der angespannten Situation der öffentlichen Haushalte und der Bereitschaft, Leasing als Alternative zur Realisierung von dringenden Investitionen der öffentlichen Hand anzuerkennen.

© SZ vom 26.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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