Branchenführer:Das Elefantenrennen der Publikumslieblinge

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Der DWS Vermögensbildung I und der Templeton Growth Fund stehen bei Investmentsparern hoch im Kurs. Die Süddeutsche Zeitung befragte deren Manager - unabhängig voneinander - nach ihren Strategien.

Interview: Heinz-Josef Simons

Mal ist der eine besser, mal der andere. Seit Jahren liefern sich die beiden weltweit investierenden Aktienfonds DWS Vermögensbildung I als deutscher Platzhirsch und der Templeton Growth als amerikanischer Top-Star ein heißes Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Anleger freut's. Mit den beiden Elefanten-Fonds ließen sich in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt mehr als zehn Prozent Rendite erreichen.

Längst sind die beiden Fonds die Lieblinge deutscher Investmentsparer. So kommt das von Klaus Kaldemorgen gemanagte DWS-Flaggschiff mittlerweile auf ein Volumen von mehr als 6,6 Milliarden Euro. Der Templeton Growth, den Murdo Murchison managt, bringt sogar rund 15,4 Milliarden Euro auf die Waage.

"Etliche Gemeinsamkeiten"

"Die beiden Fonds verbinden etliche Gemeinsamkeiten", sagt Michael Sandlers von Feri-Trust in Bad Homburg, wo man auf die Analyse von Investmentfonds spezialisiert ist. Beide Fondsmanager seien sehr erfahren und investierten vorwiegend in weltweite Standardwerte, also Unternehmen mit hoher Börsenkapitalisierung.

"Während der Templeton Growth ein klassischer Value-, also ein Substanz-orientierter Fonds ist, gilt der DWS Vermögensbildung I als typischer Vertreter eines Blend Investments, bei dem versucht wird, frühzeitig Trends vorherzusehen und strategisch umzusetzen." Beide Fondsmanager erläutern im Interview ihre Einschätzung der internationalen Aktienmärkte.

SZ: Welchen strategischen Ansatz verfolgen Sie?

Murchison: Wir sind Value-Investoren. Wir suchen nach Aktien, die aktuell mit einem deutlichen Abschlag auf den nach unseren Schätzungen vorhandenen langfristigen inneren Wert gehandelt werden. Kriterien, auf die wir bei der Auswahl der Aktien achten, sind etwa der Zustand der Bilanz, der Cash-flow oder die Marktposition des Unternehmens. Im Mittelpunkt steht die Einzeltitelauswahl. Prognosen über die Entwicklungen bestimmter Branchen oder Länder interessieren uns nicht so sehr.

Kaldemorgen: Ich bin pragmatisch. Hinsichtlich des Investmentstils habe ich keine Präferenzen, sondern richte mich aktuell nach den vorherrschenden Strömungen. Im Augenblick betone ich stärker den Valuestil unter besonderer Berücksichtigung von Dividenden- und Cash-flow-Bewertungen.

SZ: Was bedeutet dies für die mittel- und langfristige Ausrichtung des Fonds-Portfolios?

Murchison: Vor allen Dingen heißt das, dass wir uns nicht an Trends orientieren. Einige Sektoren und Länder, die in diesem Jahr für viele Investoren attraktiv waren, sind im Templeton Growth Fund untergewichtet. Dazu zählen etwa japanische oder chinesische Aktien. Trotz der Kursgewinne dort halten wir viele Aktien mittlerweile für zu teuer. Wir werden auch in den USA weiterhin untergewichtet bleiben. Europa hingegen gefällt uns trotz des schwachen konjunkturellen Umfelds. Denn hier haben die Unternehmen vielfach schon ihre Hausaufgaben gemacht, sie verfügen über ein gutes Management, solide Bilanzen und einen stabilen Cash-flow.

Kaldemorgen: Es erscheint nicht so abwegig, dass sich die Investitionsgüternachfrage in den kommenden Jahren - zumindest von den Wachstumsraten - besser als die Konsumgüternachfrage entwickeln wird. Dies sollte vor allem auch durch die weiterhin niedrigen Zinsen unterstützt werden. Für Aktieninvestitionen bedeutet dies eine deutliche Schwerpunktverlagerung, denn Konsumtitel haben an der Börse der westlichen Hemisphäre ein Gewicht von mehr als 25 Prozent, während klassische Industrietitel auf kaum zehn Prozent kommen. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Bereich der Energie- und Rohstoffversorgung. Aufgrund jahrelanger Investitionsdefizite, Kapital floss im Wesentlichen in die Informationstechnologie, kann nicht mehr rasch genug auf die steigende Nachfrage reagiert werden.

SZ: Welche Werte gefallen Ihnen momentan besonders?

Murchison: Vodafone ist ein Beispiel. Vodafone ist praktisch schuldenfrei, generiert eine Menge Cash und kauft gerade Aktien zurück. Dabei hat das Unternehmen eine der stärksten Marken der Welt. Ein anderes Unternehmen, das mir gefällt, ist der britische Pay-TV-Sender BskyB. Eigentlich ist BskyB ein typischer Wachstumstitel. Aber die niedrigen Bewertungen, das solide Management und die attraktive Dividende machen diese Unternehmen für uns als wertorientierte Investoren interessant.

Kaldemorgen: Einen Schwerpunkt bilden Titel aus den Schwellenländern wie Indien, Korea und Taiwan. Zudem gefallen mir Industrietitel, Energiewerte und europäische Telekommunikationsunternehmen sowie ausgewählte Rohstoffwerte aus den Bereichen Agrar, Chemie und Papier.

SZ: Je größer der Fonds, desto schwieriger ist es, eine überdurchschnittliche Wertentwicklung zu erreichen. . .

Murchison: Das sehe ich nicht so. Obwohl der Templeton Growth Fund bereits sehr groß ist, stellt das für mich keine Schwierigkeit dar. Unser Anlageuniversum als weltweite Investoren ist sehr groß. Wenn der Fonds zu unbeweglich wäre, müssten wir ihn im Interesse der Anleger für neue Investoren schließen. Aber davon sind wir weit entfernt.

Kaldemorgen: Größe ist kein Hindernis für eine überdurchschnittliche Wertentwicklung, wie international bekannte und langfristig sehr erfolgreiche Fonds mit bis zu 15 Milliarden Dollar Volumen zeigen. Allerdings kann man nicht mehr in Unternehmen mit sehr geringer Marktkapitalisierung investieren.

SZ: Was sind die derzeit größten Chancen und Risiken für die internationalen Aktienmärkte?

Murchison: Es ist schwierig, verlässliche Prognosen über die weitere Marktentwicklung abzugeben. Wir arbeiten nicht mit solchen allgemeinen Vorhersagen. Der hohe Ölpreis und die Probleme im Mittleren Osten drücken auf die Stimmung der Anleger. Wir sehen dieses Umfeld als Chance, um attraktive Aktien zu niedrigen Kursen zu erwerben.

Kaldemorgen: Aktiensparer können, falls nicht ein geopolitisches Risiko eintritt, die Fortsetzung der Rückkehr zur Normalität erwarten: Das weltweite Wirtschaftswachstum dürfte sich nach dem guten Jahr 2004 verlangsamen. Eine verschärfende Abwertung des US Dollar könnte zu einer Gefahr für den europäischen Aktienmarkt werden. Der Ölpreis sollte angesichts der internationalen Politik und der hohen Nachfrage aus Asien anhaltend hoch bleiben. Und bei weiterhin niedriger Inflation dürften auch die langfristigen Zinsen nicht allzu stark steigen. Selbst bei einer durchschnittlichen Kursentwicklung dürften Aktien Renten 2005 schlagen, wobei ich von einer Wertentwicklung zwischen sieben und neun Prozent jährlich ausgehe.

© SZ vom 24.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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