Börsenweisheiten:Gier, Angst und Formeln

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(Foto: N/A)

Teil 13 der Serie: Von unberechenbaren Massen.

Von Simone Boehringer

Ökonomen wollen Geschehnisse vorhersehen, besonders, wenn es um mögliche Reaktionen auf wichtige Ereignisse geht. Fällt der Kurs des britischen Pfunds, wenn der Brexit wirklich kommt? Um solche Fragen beantworten zu können, packen sie alles, was sie zu einem Thema wissen, gerne in Formeln, rechnen und prognostizieren.

Dabei hat einer der größten Wissenschaftler überhaupt, der Engländer Isaac Newton, schon vor fast 300 Jahren anderes gelehrt: "Ich kann die Bahn der Himmelskörper auf Zentimeter und Sekunden genau berechnen", schrieb der Physiker und Mathematiker um 1720, "aber nicht, wohin die verrückte Menge einen Börsenkurs treiben kann." Überliefert ist, dass Newton damals gerade eine Menge Geld an der Börse verloren hatte, im Zuge der sogenannten Südseeblase. Viele Menschen investierten damals in die South Sea Company. Die Firma übernahm zum Teil staatliche Schulden, die England damals im Krieg mit Spanien aufhäufte, und kassierte dafür lukrative Zinsen. Bloß, finanziert wurden die Käufe über die Ausgabe neuer South-Sea-Aktien zu immer höheren Kursen. Die Aussicht auf hohe Gewinne lockte mehr Menschen an die Börse, manche kauften sogar auf Kredit. Auch andere Firmen mit noch windigeren Geschäftsmodellen wurden ihre Aktien los. Die Gier nach mehr, noch dazu der Massen, war für Newton nicht berechenbar, anders als die Massenreaktionen in seinem berühmtem Gravitationsgesetz.

Als die Kurse stagnierten, schlugen die ersten Anleger ihre Papiere los. Aus Gier wurde Angst. Der Kurs der Südsee-Firma und vieler anderer Unternehmen stürzte ab. Nach diesem Muster bewegen sich die Börsen immer wieder. In Deutschland verloren so viele Sparer viel Geld, als 2001 die New-Economy-Blase platzte.

Und Newton? Er hatte schon früh die Erkenntnis, dass die Wirtschaftswissenschaft eben keine exakte ist wie etwa die Mathematik. Auch die Psychologie spielt eine große Rolle, Formeln alleine helfen nicht. Aber es gibt Verhaltensweisen, die einen vor allzu großen Verlusten schützen: Geld breit streuen, ist ein Rat, der in keiner Beratung fehlen darf. Mal eine Profi-Meinung hören, wenn es eng wird, um Emotionen auszublenden, ein anderer.

Übrigens: Der Pfundkurs ist nach dem Nein zu den Brexit-Verträgen entgegen der Erwartung vieler erst einmal gestiegen.

© SZ vom 18.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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