Börsenweisheiten:Die überschätzte Politik

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(Foto: N/A)

Teil sieben der Serie: über kurze Aufregung.

Von Katharina Prechtl

Die Kanzlerin tritt vom CDU-Vorsitz zurück, die USA verschärfen die Importzölle gegen China, irgendwo könnte es einen Krieg geben. Immer wieder sind es Nachrichten aus der Politik, die Unruhe an den Börsen auslösen. Doch welchen Einfluss auf die Kapitalmärkte haben solche Meldungen wirklich? Eine Börsenweisheit besagt: "Politische Börsen haben kurze Beine". Dafür gibt es gute Gründe.

Auch wenn etwa ein Tweet aus den Vereinigten Staaten kurzfristig zu großen Schwankungen an den Börsen führen kann, legt sich die Aufregung meist schnell wieder. Die "kurzen Beine" tragen nicht weit. Meist nur wenige Tage, selten bis zu zwei Wochen beunruhigt ein aktuelles politisches Ereignis die Märkte. "Politische Nachrichten, die alle Branchen bewegen sind sehr selten", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank. Häufig habe die Politik nur regionale Auswirkungen auf wenige Unternehmen und Branchen.

Angesichts des starken Kursrückgangs 2018, das vom Handelsstreit zwischen den USA und China geprägt war, stellt sich jedoch die Frage, ob politische Börsen derzeit wirklich kurze Beine haben. Experte Kater sieht das nicht so. Er argumentiert: Auch 2018 wogen die Zinserhöhungen in den USA und das Auslaufen des Anleihenkaufprogramms der Europäischen Zentralbank schwerer als politische Konflikte.

Selbst bei einem harten Brexit erwartet Kater keine Ausnahme von der kurzen Wirkung politischer Nachrichten. Unternehmen würden sich immer an die neuen Rahmenbedingungen anpassen. Auch nach anfänglich starken Reaktionen bewegten sich die Börsenkurse nach einer gewissen Zeit zu ihrem alten Niveau zurück. Dass Nachrichten aus der Politik überhaupt zu Kursschwankungen führen, liege an der Unsicherheit, die solche Berichte mit sich brächten, sagt Kater. Da manche Marktteilnehmer, wie Manager von Anleihenfonds, stabile Erträge erzielen müssten, zögen sie sich bei Unsicherheit kurzzeitig zurück. Im Nachhinein stellen sich die politischen Neuigkeiten dann meist als weniger bedeutsam für die Wirtschaft heraus.

"Für einen nachhaltigen Kurssturz müsste die politische Meldung schon lauten, dass zum Beispiel alle Unternehmen verstaatlicht werden, und dies in einem glaubwürdigen Kontext", sagt Kater. Das aber dürfte die ganz große Ausnahme sein. Es bleibt also bei den kurzen Beinen.

© SZ vom 10.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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