Börsengang der Bahn:"Trial and Error"

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Nach dem Kompromiss zwischen SPD und Union zum geplanten Börsengang der Bahn kann es Konzernchef Mehdorn gar nicht schnell genug gehen mit dem Projekt. Doch der weitere Weg an die Kapitalmärkte ist beschwerlich.

Nina Bovensiepen

Nachdem sich die große Koalition auf Eckpunkte für einen Börsengang der Deutschen Bahn verständigt hat, ist Bahnchef Hartmut Mehdorn optimistisch, dass die Privatisierung noch 2008 gelingen kann.

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn äußert sich am Donnerstag zum geplanten Börsengang der Bahn. (Foto: Foto: dpa)

Mehdorn nannte den Kompromiss, den Union und SPD Mittwochabend ausgehandelt hatten, ,,ein gutes und wichtiges Signal''. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärte, die Koalition habe die ,,Grundpfeiler'' für das weitere Vorgehen festgelegt.

,,Die Koalition ist handlungsfähig'', sagte der Minister. Auch die Kunden der Bahn würden von der geplanten Privatisierung profitieren, weil die Bahn ihre Qualität im Wettbewerb steigern werde.

"Widersprüche"

Politiker von Grünen, FDP und Linkspartei wiesen dagegen auf Widersprüche in der angeblichen Einigung hin. SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler räumte gegenüber der Süddeutschen Zeitung ein, dass die Beschlüsse ,,janusköpfig'' seien und es über Details noch ,,Häuserkämpfe'' geben könne.

Nach monatelangem Ringen hatten die Fachpolitiker von SPD und Union zuvor eine Art Fahrplan für die Bahn-Privatisierung festgezurrt. Dies war auch auf erheblichen Druck von der Koalitionsspitze geschehen. Der Kompromiss ist in einigem aber widersprüchlich und lässt vieles offen.

Insbesondere gilt das für den Hauptstreitpunkt, ob das Schienennetz bei der Bahn verbleiben oder im Eigentum des Bundes liegen soll.

Komplizierte Eigentumskonstruktion

Der Kompromiss sieht vor, dass die Infrastruktur - also Schienen, Bahnhöfe, Werkstätten und Energieleitungen - vor der Privatisierung ,,ins Eigentum des Bundes überführt'' wird. Zugleich soll die Bahn aber die Möglichkeit erhalten, Verkehr und Infrastruktur ,,in einer wirtschaftlichen Einheit zu betreiben und zu bilanzieren''.

Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann nannte es eine ,,paradoxe'' Forderung, ein Modell zu entwickeln, bei dem der Bund Eigentümer des 34.000 Kilometer langen Netzes bleiben, die Bahn - mit ihren Investoren - darüber aber walten und bilanzieren solle.

Tiefensee zeigte sich zuversichtlich, dass man Lösungen finden werde. Klar sei etwa, dass die Bewirtschaftungsverträge mit der Bahn immer befristet sein müssten. Als vage Größe nannte er einen Zeitraum von zehn Jahren.

Keine Vorbilder

Vorbilder für ähnlich komplizierte Eigentumskonstruktionen gebe es nicht, erklärte er. ,,Das ist singulär, was wir jetzt machen.'' Der SPD-Politiker Stiegler sprach von ,,manchem Trial and Error'', das es noch geben werde.

Tiefensee sagte, dass die Gesetzgebung ,,sich ziehen'' werde. Geplant sei aber, die Teilprivatisierung noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen, also bis spätestens 2009. Sein Ziel sei dabei weiter ein Börsengang der Bahn.

Alternative

Als Alternative käme ein Einstieg von Finanz- oder strategischen Investoren unter Umgehung des Kapitalmarktes in Frage. Für den Bund sollen laut der Einigung von SPD und Union keine Lasten entstehen: ,,Zusätzliche Schulden und Risiken für den Bundeshaushalt werden ausgeschlossen'', heißt es in dem Papier.

In das Netz werde der Bund jährlich bis zu 2,5 Milliarden Euro investieren. Ziel ist es laut Tiefensee, den Betrag schrittweise zu senken, ohne dass die Qualität leidet. Sollte die Bahn ihre Pflichten bei Instandhaltung oder Sanierung nicht erfüllen oder die Schienen nicht für Wettbewerber öffnen, drohten Sanktionen.

Jobgarantie

Der Verkehrsminister sagte zudem, dass die Einigung es ermögliche, die Jobgarantie der Bahn fortzusetzen. Der Tarifvertrag im Konzern schließt betriebsbedingte Kündigungen bis 2010 aus. Die Gewerkschaften erklärten, sie gingen davon aus, dass der Weg für eine Beschäftigungssicherung frei sei. Sie lobten die Einigung der Koalition.

© SZ vom 10.11.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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