Börsengänge:Am Anfang war das Rad

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Die kleine Fahrradfirma Mifa steht als Eisbrecher im Rampenlicht. Sie ist nach zwei Jahren das erste von vier deutschen Unternehmen, die innerhalb der nächsten Wochen an die Börse gehen.

Am Montag beenden die Mitteldeutschen Fahrradwerke (Mifa) die zweijährige Flaute bei Neuemissionen in Deutschland. Für die Drahteselfabrik könnte der Zeitpunkt nicht glücklicher gewählt sein.

Der Bulle vor der Deutschen Börse in Frankfurt am Main. (Foto: Foto: AP)

Denn es würde wohl kaum jemand über Mifa sprechen, wären sie nicht die ersten Deutschen, die seit dem Windenergiespezialisten Repower Systems im März 2002 wieder den Schritt auf das Börsenparkett wagen.

Aufnahme in einen Index eher unwahrscheinlich

Und obwohl die Sangerhausener nur ein Viertel ihrer Aktien anbieten und mit einem Börsenwert von rund 55 Millionen Euro wohl nie einen Index zieren werden, scheint das Papier heiß begehrt.

Die Offerte von 1,5 Millionen Aktien für je 9,25 Euro sei bereits überzeichnet, sagte ein Firmensprecher. Jetzt darf nichts mehr schiefgehen.

Nach zwei gefloppten Börsengängen liegen die Nerven bei Börsianern und Anwärtern blank: Nachdem der Chiphersteller X-Fab wegen seiner dilettantischen Vorbereitung die Notbremse ziehen musste und die Investoren dem Halbleiterzulieferer Siltronic die kalte Schulter gezeigt haben, kann sich niemand mehr einen Ausrutscher leisten.

Dem Eisbrecher nach zwei Jahren ohne Börsengang eines deutschen Unternehmens ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewiss. Doch das Scheinwerferlicht kann sehr grell sein, wie das Beispiel X-Fab zeigt.

Wincor Nixdorf IPO am 19. Mai

Das ist möglicherweise auch ein Grund, warum sich Wincor Nixdorf vornehm zurückhält. Der Produzent von Bankautomaten und elektronischen Kassensystemen will am 19. Mai, also zwei Tage nach Mifa an die Börse, macht daraus aber nicht viel Aufhebens.

"Die haben den Rummel nicht nötig", glaubt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Paderborner wollen ihre Aktien im Wert von knapp 500 Millionen Euro ohnehin vorzugsweise an institutionelle Investoren abgeben.

Dafür könnten Kleinanleger bei Auto-Teile-Unger (ATU) zum Zuge kommen. Als dritter Börsenaspirant will die Werkstattkette noch Mitte Juni statt, wie bisher geplant, im dritten Quartal an die Börse.

Zwar sind die Bayern noch Einzelheiten schuldig geblieben, doch eines ist offensichtlich: Die positive Sogwirkung der Postbank, die am 21. Juni erstmals auf dem Kurszettel erscheinen soll, will von den kleineren Börsenaspiranten genutzt werden.

Labiles Börsenumfeld

"Es ist unsicher, wie lange der Markt noch hält", sagt Markus Straub von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Das Umfeld für Börsengänge sei derzeit sehr labil. "Und ein schlechtes Umfeld kann selbst einen guten Börsengang kaputt machen." Da gibt ein Zugpferd wie die Post-Tochter Sicherheit.

Die Zeiten, als Anleger den Banken sämtliche neuen Aktien kritiklos aus der Hand rissen und Emissionsgewinne unter 100 Prozent als Fehlgriff galten, sind wohl vorbei. Es bestehe auch keine Notwenigkeit, unbedingt bei Börsengängen dabei zu sein, sagt Jürgen Kurz von der DSW.

Mit Ausnahme der Boomphase hätten viele Börsenneulinge den Ausgabekurs später eher von unten betrachtet. Nach Berechnungen der SdK brachten knapp 92 Prozent aller Neuemissionen seit 1997 den Zeichnern Verluste. Abwarten könne sich also lohnen.

Kleinanleger zu schnell zu euphorisch

Anlergerschützer sind in puncto Börsengänge ohnehin hin und hergerissen: "Wir sind froh, dass es wieder losgeht", sagt Straub auf der einen Seite. Dass die Mehrzahl der Kleinanleger aus dem Börsenboom und dem darauf folgenden tiefen Fall der Kurse gelernt hätten, bezweifelt der Anlegerschützer jedoch.

Sobald die ersten Emissionen wieder gut gelaufen seien, würden viele erneut blind zeichnen und sich bitterlich beklagen, wenn sie keine Aktien abbekämen: "Sobald das Geschäft läuft, schlägt die Gier das Gehirn."

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