Boehringer:Es geht um den Hund

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Der deutsche Pharmakonzern verhandelt mit dem französischen Konkurrenten Sanofi über ein milliardenschweres Tauschgeschäft: Boehringer baut die Sparte Tiermedizin aus und gibt dafür die rezeptfreien Arzneien ab.

Boehringer Ingelheim, Deutschlands zweitgrößter Pharmakonzern, steht vor dem größten Zukauf seiner Geschichte. Das familiengeführte Unternehmen aus Ingelheim am Rhein greift nach dem milliardenschweren Tierarznei-Geschäft des französischen Unternehmens Sanofi. Dafür will Boehringer sein Geschäft mit rezeptfreien Arzneien und Gesundheitspräparaten an die Franzosen abgeben. Weil diese Sparte mit dem Verkaufsschlager "Mucosolvan"-Hustensaft aber weniger wert ist, würde Boehringer noch zusätzlich rund 4,7 Milliarden Euro an Sanofi zahlen, wie beide Unternehmen mitteilten.

Im Bereich Tiergesundheit rücke Boehringer damit in die Spitzengruppe, erklärte Konzern-Chef Andreas Barner, der im nächsten Sommer nach 24 Jahren in den Ruhestand gehen will. Durch die Übernahme der Sanofi-Sparte Merial würde Boehringer nach dem US-Konzern Zoetis der zweitgrößte Anbieter im Markt für Tiergesundheit mit einem Umsatz von 3,8 Milliarden Euro. Merial wird mit 11,4 Milliarden Euro bewertet, die Selbstmedikations-Sparte von Boehringer, also das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten, kommt auf einen Wert von 6,7 Milliarden Euro. Das Geschäft in China soll von der Transaktion ausgeschlossen bleiben.

Boehringer hatte sein Tiermedizin-Geschäft schon 2009 mit der Übernahme von Teilen des US-Spezialisten Fort Dodge gestärkt. Details zu der Transaktion wurden nie genannt, das Volumen war aber deutlich geringer als der nun geplante Zukauf. Eine Finanzierung des Deals dürfte für Boehringer kein Problem sein: Der 1885 gegründete Konzern hat laut Geschäftsbericht rund 8,5 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Die Tiermedizin gilt als lukratives Feld, da in den Industrieländern viel Geld für Haustiere ausgegeben wird und durch den Wandel der Ernährungsgewohnheiten die Nutztierhaltung in den Schwellenländern zunimmt. Außerdem ist der Tiermedizin-Markt im Gegensatz zur Humanmedizin nicht staatlich geregelt. Auch für Sanofi zahlt sich der Spartentausch aus: Die Franzosen würden nach eigenen Angaben mit einem künftigen Umsatz von gut fünf Milliarden Euro in diesem Jahr und einem globalen Marktanteil von rund 4,6 Prozent auf Platz eins der Anbieter von frei verkäuflichen Arzneimitteln vorrücken und an Glaxo-Smith-Kline und Bayer vorbeiziehen.

© SZ vom 16.12.2015 / Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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