Blutdiamanten:Ein Schlachtfeld voller Steine

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Mit Diamantendollars sichern Rebellen in Afrika ihre Herrschaft ab. Der westlichen Diamantenindustrie wird vorgeworfen, davon zu profitieren. Die UN drängen daher auf eine Verstärkung der In- und Ausfuhrkontrollen.

Moritz Koch

Die funkelnden Steinchen zu verstecken, ist für geübte Schmuggler kein Problem. Trotz eines Embargos der Vereinten Nationen gelangen Diamanten über die Grenze der Elfenbeinküste ins benachbarte Ghana.

Kinder bei der Diamantensuche in der Elfenbeinküste. (Foto: Foto: AFP)

Ein Bericht, der an diesem Mittwoch dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden soll, bringt das illegale Millionengeschäft ans Licht. Die Edelsteine werden im Norden der Elfenbeinküste abgetragen, wo Rebellen die Macht an sich gerissen haben.

Belgische Händler sollen die Ware abgenommen und nach Europa weitergekauft haben. Die Rebellen wiederum investieren ihre Diamantendollars in die Sicherung ihrer Herrschaft, und das heißt vor allem: in Waffen. So erschwert das Schmuggelgeschäft die Suche nach Frieden.

Bürgerkriege

Die Vorfälle an der Elfenbeinküste erinnern an die Bürgerkriege, die noch bis vor wenigen Jahren in Sierra Leone, Angola, Liberia und dem Kongo tobten. Auch dort finanzierten sich Milizen mit Edelsteinen.

Menschenrechtsorganisationen wie Global Witness und Amnesty International nahmen das skandalöse Geschäft mit den sogenannten Blutdiamanten zum Anlass, Kampagnen gegen die westliche Diamantenindustrie zu starten. Ihr Vorwurf: Händler und Bergbaufirmen bereicherten sich am Leid der Afrikaner.

Die Branche, die pro Jahr mehr als 60 Milliarden Dollar umsetzt, fürchtete einen Konsumentenboykott und suchte den Dialog. Schließlich einigte man sich darauf, ein Zertifizierungssystem für Rohdiamanten aufzubauen.

Kontrollsystem

Dieses System gibt es seit 2003 und wird nach einer Stadt in Südafrika ,,Kimberley Prozess'' genannt. Regierungen, Industrie und Menschenrechtsorganisationen sind an diesem Kontrollsystem beteiligt.

Die Mitgliedsländer überwachen seitdem streng die In- und Ausfuhr von Diamanten. Ein Gütesiegel soll das bestätigen. Es bezeugt die Herkunft der Edelsteine und will den Käufern Gewissheit geben, keine Konfliktdiamanten erworben zu haben. Nach Angaben der Kimberley-Organisation tragen inzwischen 99,8 Prozent aller gehandelten Rohdiamanten das Siegel.

Doch der Diamantenschmuggel aus der Elfenbeinküste stellt die Glaubwürdigkeit des Siegels in Frage. Obwohl sie selbst Mitglied im Kimberley-System ist, steht Ghanas Regierung im Verdacht, die Diamantenschmuggler gewähren zu lassen.

Die ivorischen Diamanten sollen umdeklariert und mit einem Kimberley-Siegel als ghanaische Ware in den Handel geschleust worden sein. Wie sonst, fragen die Autoren des UN-Reports, ließe sich der Anstieg des Diamantenexports von Ghana zwischen 2000 und 2005 um 60 Prozent erklären?

Auf dem Jahrestreffen im November wollen die Teilnehmer des Kontrollsystems über den Schmuggel an der Elfenbeinküste beraten. ,,Wir prüfen die Ergebnisse des UN-Reports derzeit'', sagt ein Sprecher der botswanischen Regierung, die den Vorsitz des Kimberley Prozesses inne hat. ,,Noch ist keine Entscheidung gefallen.''

Ergebnisse seit Monaten bekannt

Dabei sind die Ergebnisse des UN-Reports den Kimberley-Mitgliedern seit Monaten bekannt. Angesichts solcher Trägheit wächst die Ungeduld der Aktivisten. ,, Wir fordern ein sofortiges Diamantenexportverbot für Ghana'', sagt Susie Sanders von Global Witness.

Zudem sollten Edelstein-Kontrolleure weltweit Händler aufsuchen und deren Angaben zur Herkunft ihrer Diamanten überprüfen. Denn in den vergangenen Monaten sind auch in Basilien und Guyana gefälschte Kimberley-Siegel entgedeckt worden.

Relativ friedliche Lage

Doch ob es zu einer Stärkung der Kontrollen kommt, ist fraglich. ,,Der Elan einiger Regierungen, den illegalen Handel zu verhindern, hat angesichts der relativ friedlichen Lage in vielen Krisenregionen spürbar nachgelassen'', sagt Sanders.

Die südafrikanische Bergbaufirma DeBeers hält die Aufregung über die Konfliktdiamanten für übertrieben. Denn DeBeers zufolge beträgt der Anteil der Rohdiamanten aus Krisenregionen am weltweiten Diamantenumsatz derzeit nur ein Prozent.

In den späten neunziger Jahren, auf dem Höhepunkt der afrikanischen Bürgerkriege, seien es noch vier Prozent gewesen. Zudem füllten keinesfalls nur Diamanten die Kriegskassen afrikanischer Milizen, sondern auch der Handel mit anderen natürlichen Ressoucen wie Tropenholz, Öl und Kakao.

Dennoch nimmt die Diamantenbranche die Ergebnisse der UN-Untersuchung ernst. In einem Brief an den Vorsitzenden des Kimberley Prozesses unterstützt der Firmenverband World Diamond Council ein vorübergehendes Ausfuhrverbot für ghanaische Diamanten.

Ungelegen

Die Branche ist nervös, der UN-Bericht kommt derzeit besonders ungelegen: Ein Film, der im Januar in Deutschland Premiere feiern wird, hat den Begriff Blutdiamanten wieder ins Gespräch gebracht. Das Weihnachtsgeschäft könnte unter der Sorge der Kunden leiden, mit Schmuckpräsenten, Kriege zu finanzieren. Doch angesichts der geringen Zahl von Blutdiamanten ist mit einem Boykott wohl nicht zu rechnen.

© SZ vom 24.10.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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