Billiglohnkonkurrenz:Ifo-Chef fordert 42-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich

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Nach Auffassung von Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn treten allein eineinhalb Milliarden Chinesen auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zur Bundesrepublik. "Dem kann man sich auch nicht widersetzen, indem man Löhne verteidigt".

Der Leiter des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), Hans-Werner Sinn, plädiert für eine allgemeine Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden ohne Lohnausgleich und für eine Begrenzung künftiger Lohnerhöhungen auf einen reinen Inflationsausgleich.

In einem Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Sinn nach Angaben des Blattes: "Die Zeiten realer Lohn- und Einkommenssteigerungen sind vorbei." Deutschland befinde sich in einer neuen historischen Phase, "in der wir von Niedriglohn-Konkurrenz auf der ganzen Welt bedrängt werden".

Allein eineinhalb Milliarden Chinesen träten auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz zur Bundesrepublik, sagte Sinn. "Dem kann man sich auch nicht widersetzen, indem man Löhne verteidigt; das führt nur zu noch mehr Arbeitslosen."

Der einfachste Weg

Kurzfristig könne nur gegengesteuert werden, indem die deutsche Wirtschaft billiger produziere, sagte Sinn. "Und der einfachste Weg, billiger zu werden, ist, länger zu arbeiten. Dazu brauchen wir die allgemeine 42-Stunden-Woche, und zwar ohne Lohnausgleich."

Sinn unterstützte zudem im Streit um die Finanzierung der Krankenversicherung die Position der CDU und warnte vor kommunistischen Verhältnissen bei der Einkommensverteilung.

"Ich halte die von der CDU vorgeschlagene Pauschale für das eindeutig bessere Modell", sagte er laut Neuer Osnabrücker Zeitung. Die Umverteilung zwischen arm und reich gehöre nicht in den Krankenversicherungstarif. "Dafür haben wir einen progressiven Steuertarif", betonte Sinn.

"Unwort"

Der Ökonom bezeichnete den Begriff "Kopfpauschale" als "Unwort", schließlich gehe es Versicherungsschutz und damit um einen Preis für eine Dienstleistung. Sinn warnte: "Wenn alle Preise nach den Einkommen gestaffelt werden, sind alle Realeinkommen gleich. Dann haben wir den reinen Kommunismus."

Skeptisch äußerte Sinn in Bezug auf die steuerlichen Zuschüssen von 35 bis 40 Milliarden Euro, die bei Einführung der von der CDU geplanten Pauschale schätzungsweise benötigt werden, um einen sozialen Ausgleich für die vom Einkommen unabhängige Pauschale finanzieren zu können. Diese Zuschüsse müssten langfristig abgeschmolzen werden.

Die Höhe des Betrags erklärte Sinn damit, dass die Kopfpauschale derzeit zu niedrig angesetzt werde. Die bislang diskutierten 160 bis 180 Euro seien eindeutig zu wenig. "200 Euro oder mehr halte ich für realistischer", sagte er.

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