Billiglohn-Jobs:Lieber arbeitslos als Küche schrubben

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Lager aufräumen, Teller waschen oder Erdbeeren pflücken - für derartig unattraktive Jobs bewerben sich in Deutschland weiterhin weniger Menschen als die Wirtschaftslage es vermuten ließe.

Auch gut ein halbes Jahr nach in Kraft treten der Arbeitsmarktreform Hartz IV haben Einzelhändler, Bauern oder Zeitarbeitsunternehmen sogar eher Probleme solche Stellen zu besetzen. Von einem Bewerberansturm ist keineswegs die Rede. Zudem fehlt den Kandidaten oft die Qualifikation.

"Langzeitarbeitslose sind nur eingeschränkt einsetzbar", heißt es beim Einzelhandelsverband HDE. Zwar gebe es etwas mehr Bewerber als noch vor einem Jahr, doch für Lager- und Kassenjobs, Aufräum- oder Putzarbeiten nähmen die Unternehmen lieber Studenten, Schüler oder Hausfrauen. Diese ließen sich oft schneller anlernen.

Allein im vergangenen Jahr zählte der Einzelhandel gut 944.000 geringfügig Beschäftigte. Insgesamt sind in der Branche fast 2,5 Millionen Menschen tätig.

Bessere Erfahrungen mit Polen

Schon lange vor der Erntesaison hatte auch Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner einheimische Erntehelfer als unzuverlässig kritisiert, weil sie sich zu allzu schnell krankmeldeten. "Deutsche Langzeitarbeitslose sind in der Landwirtschaft zwar schon willkommen, aber mit Polen haben wir bessere Erfahrung gemacht", sagt ebenso eine Verbandssprecherin. Die schwere körperliche Erntearbeit in oft gebückter Haltung müsse bei Wind und Wetter über mehrere Wochen verrichtet werden.

Im vergangenen Jahr seien in der Land- und Forstwirtschaft rund 324.000 ausländische Saisonkräfte tätig gewesen, die meisten kommen aus Polen. Die Zahl der deutschen Saisonarbeiter sei statistisch jedoch nicht erfasst. Durchschnittlich werde für derartige Arbeiten pro Stunde zwischen 5 und 5,50 Euro gezahlt.

"Wir haben nur einen geringen Zulauf an Hartz IV-Bewerbern", berichtet Petra Timm von Randstad, dem Branchenprimus unter den Zeitarbeitsunternehmen. Von Bewerbermassen könne keineswegs gesprochen werden. Das Klientel sei auch sehr schwierig, weil oft die Qualifikation fehle. Viele Randstad-Kunden hätten sogar Probleme Stellen im kaufmännischen Bereich mit geeigneten Kräften zu besetzen.

Auch nach Angaben von Manpower, dem zweitgrößten Anbieter von Zeitarbeit, sind seit Hartz IV gilt zwar etwas mehr Bewerber zu verzeichnen, doch diese seien meistens nicht genügend qualifiziert.

Gestiegene Ansprüche an die Bewerber

Viele wüssten noch nicht einmal, wie man bei einem Bewerbungsgespräch auftritt. "Wer in verschlissenen Jeans mit ausgeleiertem T-Shirt und einer losen Blattsammlung als Bewerbung ankommt, kann nicht viel erwarten", sagt eine Sprecherin. Zudem suchten die Unternehmen für Zeitarbeit schon längst nicht mehr nur einfache Aushilfen oder eine Urlaubsvertretung.

Gut 25.000 Menschen konnte Manpower im vergangenen Jahr eine neue Anstellung bieten. In der Hotel- und Gastwirtschaft wird hingegen ein deutlich größeres Interesse an Niedriglohnarbeiten registriert.

"Der Druck durch die konjunkturelle Lage ist eindeutig zu spüren", sagt eine Sprecherin des Branchenverbands DEHOGA, ohne Zahlen zu nennen. Jobs wie Küche schrubben, Gläser spülen oder Zimmer putzen seien mehr gefragt als vor dem in Kraft treten der Arbeitsmarktreform Anfang Januar. Und auch bei Mc Donald?s, dem mit 1262 Betrieben und 47.000 Mitarbeitern größten Gastronomieunternehmen in Deutschland, heißt es: "Viele müssen den Gürtel enger schnallen, das spürt man bei den Bewerberzahlen."

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