Billige Medikamente:Die Angst der Apotheker

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Warum der Widerstand der Branche gegen den Außenseiter Doc Morris so groß ist.

Kristina Läsker

Aufruhr unter Deutschlands Apothekern: Sie befürchten unlautere Konkurrenz und sehen schon die Versorgungssicherheit mit Arzneien in Deutschland gefährdet. Mit allen juristischen Mitteln wollen die Apothekerverbände die erste Filiale einer ausländischen Internet-Apotheke auf deutschem Boden stoppen. Es geht um viel.

Eine Mitarbeiterin der ersten deutschen Filialie des niederländischen Arzneihändlers DocMorris in Saarbrücken. (Foto: Foto: dpa)

Anlass für den Aufstand der Apotheker ist das Enfant terrible der Branche: Ralf Däinghaus, der vor Jahren jenseits der deutschen Grenze in den Niederlanden die Apotheke Doc Morris gegründet hat und seine Ware bisher nur übers Internet vertreibt.

Bei den Apotheken hat sich zu wenig geändert

Der saarländische Gesundheitsminister Josef Hecken unterstützt Däinghaus mit einer Betriebserlaubnis und gibt den Apothekern gleich noch eins mit: Durch mehr Wettbewerb ließen sich bis zu zwei Milliarden Euro sparen - ohne dass die Versorgungssicherheit leide, sagt der CDU-Politiker. Hier liegt das Problem: Trotz Gesundheitsreform hat sich bei den Apotheken noch zu wenig geändert.

Sie halten an Traditionen fest - auf Kosten aller. Deutschland ist überversorgt mit Apotheken, trotzdem sind die Preise für verschreibungsfreie Medikamente immer noch viel zu hoch und viel zu starr. Kaum eine Apotheke gibt Rabatte auf verschreibungsfreie Medikamente, obwohl dies inzwischen erlaubt ist. Fast nur Versandapotheken üben über billigere Medikamente Preisdruck aus.

Genau davor hat die angeschlagene Branche Angst. Ende 2004 gab es noch 21.392 Apotheken, nach Aussage des Apothekerverbandes macht jede dritte Verlust. Überleben können viele Apotheker nur, weil ihnen der Boden gehört, auf dem sie arbeiten.

Die Spielregeln ändern sich

Wenn nun Däinghaus seine Apotheke in Saarbrücken behalten darf, ändern sich die Spielregeln für alle - und der Wettbewerb könnte manchen Apotheker den Job kosten. Zum ersten Mal hat eine Kapitalgesellschaft aus einem EU-Land - Doc Morris sitzt immer noch in den Niederlanden - hierzulande eine Apotheke eröffnet. Dies ist nach deutschem Recht nur natürlichen Personen erlaubt; Däinghaus beruft sich auf EU-Recht.

Es gibt kaum Gründe, warum dieses Recht nicht auch angewendet werden sollte. Wieso darf der Besitzer einer Apotheke nur ein Apotheker sein? Es müsste doch nur garantiert sein, dass Patienten richtig beraten werden. Dazu genügt es, wenn ein Apotheker anwesend ist.

Zusätzlich haben die Besitzstandswahrer Angst, dass das Mehrbesitzverbot ganz fallen könnte. Seit 2004 immerhin darf ein Apotheker im näheren Umkreis bis zu drei Filialen eröffnen. Doc Morris verletzt diese Regel klar: Die Filiale im Saarland ist Hunderte Kilometer vom Firmensitz entfernt.

Doch die Drei-Filialen-Regel ist ein willkürlicher Kompromiss, ausgehandelt zwischen Politik und Lobbyisten, denen schon die vorsichtige Liberalisierung zu weit ging. Tatsächlich wurden im ersten Jahr danach mehr Apotheken neu geöffnet als geschlossen. Das spricht dafür, auch bei Apotheken mehr Markt zuzulassen.

© SZ vom 9.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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