Betrugsverdacht gegen Billigstrom-Anbieter:Abrechnung mit Teldafax-Chefs beginnt

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Der ehemalige Teldafax-Chef Klaus Bath kam im Rollstuhl ins Gericht. Gemeinsam mit den beiden anderen Managern Gernot Koch und Michael Josten muss er sich vor dem Landgericht Bonn verantworten. (Foto: dpa)

100 Zeugen, 150 Seiten Anklage, 700 000 Geschädigte: Wegen des Bankrotts des Stromanbieters Teldafax stehen dessen ehemalige Manager nun vor Gericht. Das System Billig-Strom könnte für sie teuer werden.

Von Christoph Giesen, Bonn, und Oliver Hollenstein

Schon die ersten Minuten im Prozess um eine der größten deutschen Firmenpleiten lassen erahnen, was noch kommen mag. Mit ruhiger Stimme liest der Staatsanwalt die Anklage vor, mehr als 150 Seiten haben seine Leute zusammengetragen. Name für Name geht er die 241 Fälle durch, auf denen die Anklage beruht. Es ist eine lange Liste, aber doch nur ein Bruchteil der Geschädigten. Sie stehen exemplarisch für den Schaden.

Mehr als 700 000 Kunden haben bei der spektakulären Pleite des Billigstromanbieters vor drei Jahren Geld verloren - gemessen an der Zahl der Geschädigten eine der größten Pleiten der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Nun müssen sich die Ex-Vorstände Klaus Bath, Gernot Koch und Michael Josten vor dem Landgericht Bonn verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Insolvenzverschleppung, gewerbsmäßigen Betrug und Bankrotthandlungen vor.

Der Strom-Discounter aus dem rheinländischen Troisdorf war nach der Öffnung der Strommärkte mit billigen Tarifen schnell gewachsen. Das Geschäftsmodell war aber von Anfang an hoch riskant: Die billigen Tarife finanzierte Teldafax mit den Vorauszahlungen einer immer größeren Zahl von Neukunden. Verluste wurden bewusst in Kauf genommen, Strom günstiger verkauft als Teldafax im Einkauf dafür zahlte. 41 Prozent der Stromverträge waren nicht kostendeckend kalkuliert. Das Interesse an Billig-Tarifen war entsprechend hoch. Teldafax versprach damals, dass Privatverbraucher je nach Haushaltsgröße mehrere Hundert Euro Stromkosten im Jahr sparen könnten.

Schnell gewachsen, tief gefallen

Mitte 2011 hatte Teldafax Insolvenz angemeldet - viel zu spät, sagt der Staatsanwalt. Er geht davon aus, dass die Firma schon 2009 überschuldet und insolvenzreif gewesen sei. Die Insolvenz sei also zwei Jahre lang verschleppt worden.

Zum Prozessbeginn kamen die drei Ex-Chefs persönlich. Bath fuhr in einem Rollstuhl in den Gerichtssaal, sein Bein ist gebrochen und operiert worden. Das sei "beim Hinfallen" passiert, antwortete er knapp auf Fragen von Journalisten. Auch die anderen Manager äußerten sich nicht. Ihnen droht bei einer Verurteilung eine Haftstrafe von mehr als fünf Jahren.

Staatsanwaltschaft will 100 Zeugen laden

Am Ende entstand durch das System Teldafax ein Schaden von insgesamt 500 Millionen Euro, so die Schätzung vieler Experten. Mit einer Verurteilung der Manager verbessern sich nun zwar die Chancen, Schadenersatzklagen durchzusetzen. Aber die Vermögen der Manager würden im Fall der Fälle wohl kaum ausreichen, die Forderungen der geprellten Kunden vollständig zu bedienen.

Bis zu einer möglichen Verurteilung dürfte allen Beteiligten ohnehin noch ein langwieriger Prozess bevorstehen. Etwa 100 Zeugen möchte die Staatsanwaltschaft laden, voraussichtlich wird der Prozess noch das ganze Jahr dauern. Zunächst sind bis Mitte Mai erst einmal 16 Verhandlungstage angesetzt.

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