Betriebsrat warnt:Siemens plant Rückzug aus Deutschland

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Durch die Verlagerung in Niedriglohnländer seien im Inland 74.000 der 170.000 Stellen in Gefahr, heißt es in einem Positionspapier der Arbeitnehmervertretung des Münchner Konzerns. Siemens spricht von Panikmache.

Der Elektro-Konzern plant nach Darstellung des Gesamtbetriebsrates den systematischen Rückzug aus Deutschland.

Durch die Verlagerung in Niedriglohnländer seien im Inland 74.000 der 170.000 Stellen in Gefahr, heißt es in einem Positionspapier, das die Betriebsräte am Donnerstag in Erlangen beschlossen. Damit werde der Rückzug jedoch erst eingeläutet. "In letzter Konsequenz wird der Standort Deutschland komplett in Frage gestellt."

Ein Siemens-Sprecher warf dem Gesamtbetriebsrat vor, mit einer Milchmädchen-Rechnung Panik zu machen. "Wir sprechen insgesamt über höchstens rund 5000 Stellen", bekräftigte er. Die Gespräche liefen derzeit wie geplant, in den nächsten Wochen sei mit Beschlüssen zu rechnen.

Der GBR-Vorsitzende Ralf Heckmann kündigte unterdessen harten Widerstand gegen die Vorstandspläne an.

"Reine Profitgier"

Es handle sich um ein groß angelegtes Programm zur Arbeitsplatzvernichtung, sagte er auf einer Kundgebung der IG Metall. "Grund ist die reine Profitgier." Die Strategie sei eine existenzielle Bedrohung für einen Großteil der Belegschaft, aber auch für den gesamten Industriestandort Deutschland. Siemens schade damit der gesamten Volkswirtschaft.

Die Arbeitnehmer seien durch die Globalisierung erpressbar geworden, sagte der GBR-Chef. Der Personalabbau erreiche eine neue Dimension. "Es droht das Diktat der Arbeitgeber."

Deshalb müsse die Politik eingreifen. Wer Arbeitsplätze ins Ausland verlagere, dürfe keine öffentlichen Gelder und Aufträge mehr erhalten.

Keine längere Arbeitszeit

Heckmann lehnte unterdessen eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Stunden ab. Dies erzeuge nur weitere Arbeitslose.

Der Gesamtbetriebsrat beschloss, alle vorgeschlagenen Maßnahmen betriebswirtschaftlich zu prüfen. Dafür sollten auch externe Beratungsfirmen hinzugezogen werden.

Nach GBR-Angaben verfolgt das Siemens-Management die Strategie, Umsatz und Wertschöpfung in den jeweiligen Märkten einander anzugleichen. Für Deutschland würde dies einen Abbau von 74.000 Stellen bedeuten.

Darüber hinaus wolle die Siemens AG die globale Wertschöpfung "optimieren" und alle Tätigkeiten möglichst kostengünstig platzieren. "Mit diesem Ansatz ist eine noch radikalere Arbeitsverlagerung verbunden." Diese betreffe auch höher qualifizierte Jobs in Entwicklung und Verwaltung.

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