Bescheid wissen, Vorteile nutzen:Ein Umzug ist zumutbar

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Mobilitätshilfen der Arbeitsämter: Der Ortswechsel wird vom Staat bezuschusst. Hilfen gibt es auch fürs Pendeln und bei doppelter Haushaltsführung.

Von Rolf Winkel

(SZ vom 17.12.03) — "Drei Jobs darf ich ablehnen" - diese Vorstellung hält sich, warum auch immer, bei manchen Arbeitssuchenden. Tatsache aber ist: Arbeitslose müssen jeden Job annehmen, den das Arbeitsamt ihnen anbietet - vorausgesetzt, er ist zumutbar.

Und als zumutbar gilt vieles. Nicht nur, vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit an, ein Berufswechsel, sondern auch jede Menge Mobilität. Dafür fördern die Arbeitsämter die Mobilität seit Anfang dieses Jahres auch deutlich großzügiger als zuvor. Bei einem jobbedingten Ortswechsel gibt es nun einen Zuschuss von bis zu 4500 Euro.

"Nicht verfügbar"

"Ich ziehe keinesfalls für einen neuen Job um" - so etwas sollten insbesondere alleinstehende Arbeitslose gegenüber ihrem Arbeitsvermittler nicht sagen. Denn sonst gelten sie unter Umständen als "nicht verfügbar" für den Arbeitsmarkt. Das Arbeitslosengeld kann dann gestrichen werden. Seit Anfang dieses Jahres gilt ein Umzug für Arbeitslose nämlich grundsätzlich als zumutbar.

Wer allerdings familiäre Bindungen hat oder sich um pflegebedürftige Eltern kümmern muss, kann nach wie vor "Nein" zum Ortswechsel sagen. Auch wenn eine Vermittlung im so genannten Tagespendelbereich aussichtsreich ist, darf man Jobs, die einen Umzug erforderlich machen würden, in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ausschlagen.

Kostenübernahme

Zumutbar ist für Arbeitslose bis zu sechs Monate lang eine getrennte Hauhaltsführung sowie - dauerhaft - das Pendeln. Wer einen Vollzeit-Job sucht, muss eine tägliche Hin- und Rückfahrtzeit von maximal zweieinhalb Stunden (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) in Kauf nehmen. Bei einem Teilzeit-Job von bis zu sechs Stunden gelten täglich zwei Stunden Pendelzeiten als zumutbar. Wer besondere Umstände anführen kann (Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder eigene gesundheitlichen Probleme), dem können derart lange Fahrtzzeiten allerdings nicht abverlangt werden.

Zwei Haushalte zu führen, zu pendeln oder umzuziehen, ist teuer. An den für die Aufnahme eines neuen Jobs notwendigen Kosten beteiligen sich die Arbeitsämter wie folgt:

Pendelkosten: Sechs Monate lang können die Kosten für die tägliche Fahrt zwischen Wohnung und auswärtiger Arbeitsstelle übernommen werden. In der Regel kommen die Ämter für die Bundesbahn-Kosten (2. Klasse, bei Inanspruchnahme von Ermäßigungen) auf.

Falls erforderlich, beispielsweise wenn der Arbeitsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht erreichbar ist, wird auch Kilometergeld für die Anreise per Pkw erstattet: 22 Cent pro Kilometer - bei einem 100 Kilometer vom Wohnsitz entfernten Arbeitsort somit pro Arbeitstag 44 Euro für bis zu sechs Monate.

Doppelte Haushaltsführung: Wer statt zu pendeln einen zweiten Haushalt am neuen Arbeitsort führt, kann die so genannte Trennungskostenbeihilfe erhalten. Monatlich zahlen die Ämter für das erste halbe Jahr am neuen Arbeitsort bis zu 260 Euro. Diese Beihilfe gibt es für Verheiratete wie für Alleinstehende. Voraussetzung ist nur: Es müssen tatsächlich zwei Haushalte bestehen. Fahrtkosten- und Trennungsbeihilfen müssen stets vor Aufnahme der Beschäftigung beantragt werden.

Ortswechsel nicht übereilen

Das Arbeitsamt kann sich mit bis zu 4500 Euro an den Kosten eines Umzugs beteiligen, wenn der Ortswechsel für die Aufnahme oder Beibehaltung des (neuen) Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Der neue Arbeitsort muss nur weit genug vom alten Wohnsitz entfernt sein. Umzugskosten werden nur erstattet, wenn der neue Arbeitsplatz außerhalb des so genannten Tagespendelbereichs (zweieinhalb Stunden Fahrtzeit) liegt.

Mit der Entscheidung zum Umzug kann man sich Zeit lassen, bis klar ist, dass der neue Job von Dauer ist. Zunächst kann man sechs Monate (mit Kostenerstattung) pendeln oder sich sechs Monate (mit Trennungsbeihilfe) ein möbliertes Zimmer nehmen und danach erst richtig umziehen. Die Ämter übernehmen die Kosten für den Wohnsitzwechsel noch bis zu zwei Jahre nach Antritt der neuen Stelle. Diese Beihilfe braucht zudem - anders als früher - nicht mehr zurückgezahlt zu werden. Sie muss allerdings vor dem Umzug betragt werden unter Vorlage der Kostenvoranschläge von mindestens zwei Umzugsunternehmen.

Übernommen werden die Kosten nur, so lange die Haushaltslage der Ämter es zulässt. Denn sämtliche "Mobi-Hilfen" - so heißen sie im Arbeitsamts-Jargon - sind "Kann"-Leistungen. Derzeit gibt es, so lautet die Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit, allerdings bei diesen Hilfen keine Restriktionen. Im Zweifelsfall sei es weit billiger, Reise- und Umzugskosten zu finanzieren als einige Monate länger Arbeitslosengeld zu zahlen.

Auch für Absolventen

Auch Hochschulabsolventen, die in der Regel zunächst keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, können Mobilitäts-Hilfen erhalten, denn die Hilfen sind auch für "Nichtleistungsempfänger" vorgesehen. Arbeitslose können jederzeit einen formlosen Antrag auf die genannten Hilfen stellen (immer vor dem Ereignis, für das man Zuschüsse erhalten möchte) und einen wie es heißt, "schriftlichen rechtsmittelfähigen Bescheid" verlangen.

Wichtig auch: Die Mobilitätshilfen kann man auch bekommen, wenn Arbeitslosigkeit erst droht. Das kann durch die Vorlage des Kündigungsschreiben oder des befristeten Arbeitsvertrags nachgewiesen werden. Zudem wird seit nun die Bedürftigkeit der Antragsteller nicht mehr geprüft. Hilfen zur Mobilitätsförderung gibt es also selbst dann, wenn Arbeitslose hohe Arbeitslosengeld-Ansprüche haben.

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