Bescheid wissen, Vorteile nutzen:Die neuen Bahntarife

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Von Freitag an gelten abermals neue Preise in deutschen Zügen. Und wieder gilt: Wer sparen will, muss clever sein.

Von Michael Bauchmüller

(SZ vom 30.07.2003) — Es waren große Worte, mit denen die Bahn Ende vergangenen Jahres ihr neues Preissystem anpries: Ein "Paradigmenwechsel" stehe bevor, ließ die Bahn-Spitze wissen, eine "kleine Revolution des Bahnfahrens". Noch größer als die Worte war die Ernüchterung danach.

Denn die Bahnkunden wollten beim Paradigmenwechsel nicht mitmachen, und bei aller Revolution hatte die Bahn offenbar das Fußvolk vergessen. Das reisende Volk soll jetzt wieder einsteigen, und deshalb setzt zum 1. August Teil zwei der Preisreform ein. Einiges wird wieder so, wie es früher war, aber am Kern des Systems ändert sich nur wenig. Was mit anderen Worten heißt: Einfacher wird wenig, aber billiger so manches - wenn man nur weiß, wie.

Die BahnCard. Die "alte" BahnCard mit 50 Prozent Rabatt zählte zu den Opfern der Reform vom vorigen Jahr. Jetzt wird sie wieder eingeführt. Damit gibt es künftig drei verschiedene Karten-Typen - mit 25, 50 oder 100 Prozent Nachlass.

Die BahnCard 25, jüngstes Kind der BahnCard-Familie, gewährt 25 Prozent Nachlass auf den Normalpreis. Noch bis zum 30. September 2004 lässt sie sich mit den so genannten Sparpreis-Preisen kombinieren (siehe unten). Die 25-er Karte kostet nun 50 Euro für die zweite Klasse (statt bisher 60 Euro) und 100 Euro für die erste (statt 150). Sie gilt, wie alle BahnCards, ein Jahr lang.

Nicht nur 25, sondern 50 Prozent Ermäßigung bietet von August an die neue "alte" BahnCard 50. Sie kostet 200 Euro in der zweiten Klasse und 400 in der ersten. Damit wird sie deutlich teurer sein als ihr Vorgängermodell, das im Dezember 2002 auslief.

Senioren jenseits der 60, Schüler und Studenten bis 26 Jahre sowie Schwerbehinderte erhalten die BahnCard 50 zum Preis von 100 Euro. Das gleiche gilt für Ehe- oder Lebenspartner.

Damit stellt sich - einmal mehr - die Frage des Kartenwechsels. Wer eine alte BahnCard25 besitzt, kann sie - gegen Aufpreis - in eine neue BahnCard50 umtauschen.

Voraussetzung: Der Restwert der Karte muss mehr als 15 Euro betragen. Dieser Wert bemisst sich nach der verbleibenden Laufzeit der Karte. Zum Beispiel: Eine BahnCard 25 zweiter Klasse, erworben am 1. Januar 2003, gilt nach dem 1. August noch fünf Monate. Der Preis der Karte belief sich auf 60 Euro, also (geteilt durch zwölf) fünf Euro im Monat.

Damit beträgt der Restwert der Karte (fünf Euro mal fünf Monate) 25 Euro, ein Umtausch in die höhere Kategorie ist möglich. Wer mit Anschaffung oder Wechsel einer BahnCard liebäugeln, sollte aber zunächst seine Bahnkosten überschlagen. Wer jährlich mehr als 200 Euro am Bahnschalter lässt, für den lohnt sich die BahnCard25. Jenseits der 600 Euro zahlt sich die BahnCard50 aus.

Die dritte BahnCard-Neuerung läuft allein auf der Wortebene ab: Die "Persönliche NetzCard", die bisher Reisen quer durchs Land erlaubte, heißt nun "BahnCard 100". Mit 3000 Euro in der zweiten Klasse und 5000 in der ersten wird sie etwas günstiger als ihre Vorgängerin.

Für Familien mit Kindern legt die Bahn noch eine BahnCard 25 kostenlos drauf. An einem weiteren Projekt arbeitet das Unternehmen noch: Denn die BahnCard soll zur bundesweiten "Mobilitätskarte" werden, die 25 Prozent Preisnachlass auch in den kommunalen Verkehrsverbünden garantiert. Die Gespräche laufen noch.

Rückreise mit Haken

Der Sparpreis. Frühbucher fahren clever, so lautete eine der Kernbotschaften der Bahn an ihre Kunden. In abgemagerter Form gilt sie weiterhin. So entfällt der zehnprozentige Rabatt in Zukunft komplett.

Der 25-Prozent-Nachlass bleibt, der bisherige 40-Prozent-Rabatt wird auf 50 Prozent aufgestockt. Das Sparen geht so: Wer sich frühzeitig für einen festen Reisetermin entschieden hat, darf weiterhin keine Minute verschwenden und sollte sogleich die Fahrscheine buchen.

Bestimmte Kontingente auf allen Zügen sind für Frühbucher reserviert. Aber nur, wer sich rechtzeitig festlegt, bekommt den günstigsten 50-Prozent-Rabatt, später den zweitgünstigsten 25-prozentigen, schließlich nur den Normalpreis. Beide Sondertarife lassen sich bis spätestens drei Tage vor Abreise buchen.

Bei der Reisedauer der Sparpreis-50-Tarife allerdings hat sich die Bahn einen neuen Leckerbissen einfallen lassen. Bislang galt: Wer den höchsten Rabatt haben will, muss zwischen Hin- und Rückfahrt mindestens eine Übernachtung von Samstag auf Sonntag einplanen.

So wollte die Bahn verhindern, das Geschäftsreisende die Rabatte für Tagesreisen in Beschlag nehmen. Die Wochenend-Bindung besteht daher fort, allerdings mit zwei Ausnahmen: Erstens ist die Hin- und Rückfahrt an Wochenendtagen künftig erlaubt - ganz ohne Übernachtung. Zweitens sind auch Reisen von Sonntag bis Samstag zum 50-Prozent-Frühbuchertarif möglich.

Die Koppelung mit der BahnCard, die viele Bahnkunden nachhaltig verwirrt hatte, entfällt nach einer Übergangsfrist vom 1. Oktober 2004 an vollständig. Dagegen bleibt beim Normalpreis alles beim alten: Er wird auch nach der Reform der Reform degressiv gestaffelt sein.

Das heißt: Je weiter die Reise, desto billiger ist jeder einzelne Kilometer. Damit will die Bahn auf weiten Strecken attraktiver werden.

Allerdings lohnt sich weiterhin die Frage: Geht's vielleicht auch billiger? Denn für ein- und dieselbe Verbindung gibt es oft andere Reisewege, die mitunter nur wenig länger dauern als der schnellste Weg.

"Im Allgemeinen ist die schnellste Verbindung zugleich die teuerste", warnt Holger Jansen, Bahnexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen.

Noch dazu können sich hinter den Alternativ-Verbindungen auch bis dahin ungenutzte Rabatt-Kontingente verbergen.

Umtausch und Umbuchung. Bislang der Zankapfel des Preissystems, werden Umbuchung und Umtausch künftig leichter. Wer mit dem Normalpreis reist, also bestenfalls in den Genuss eines BahnCard-Nachlasses gekommen ist, kann bis zum Tag der Abreise kostenlos seinen Fahrschein zurückgeben oder umbuchen.

Nach dem ersten Geltungstag wird eine Gebühr von 15 Euro fällig. Schwieriger wird es bei den früh gebuchten Reisen mit Sparpreis-Rabatt. Bis einen Tag vor Reiseantritt wird hier grundsätzlich eine Gebühr von 15 Euro fällig. Und weiterhin gilt: Wer seinen Zug früh und ermäßigt gebucht hat, sollte ihn nicht verpassen. Denn das wird nicht ganz billig: Wer am Tag der Abreise noch auf einen anderen Zug umbuchen muss, zahlt die Differenz zum Normalpreis und eine Gebühr von 15 Euro dazu. Ein komplett neues Ticket dagegen wird nicht fällig.

Mitfahren und sparen

Mitfahrer und Familien: Das Auto ist und bleibt schärfster Bahn-Konkurrent, und deshalb reisen Mitfahrer zum halben Normalpreis. Zum Beispiel: Person A reist von Flensburg nach Oberammergau - zum vollen Normalpreis. Seine vier Begleiter vom Flensburger Kegelclub aber reisen zum halben Preis.

Der Mitfahrer-Rabatt lässt sich auch mit den beiden Sparpreis-Tarifen kombinieren. Das heißt: Buchen die Kegelbrüder ihre Reise sehr frühzeitig, genießen sie alle maximal 50 Prozent Frühbucher-Rabatt.

Der Mitfahrerrabatt für Person zwei bis fünf kommt noch obendrauf - sie reisen zu einem Viertel des Normalpreises. Und bis zum 30. September 2004 könnten sie auch noch eine BahnCard 25 geltend machen: mit weiteren 25 Prozent Nachlass auf den Restpreis.

Günstig schließlich bleibt es auch für Familien: Kinder unter 15 reisen kostenlos, wenn Eltern oder Großeltern dabei sind. In Familien mit Kindern erhalten alle die BahnCard25 für fünf Euro, wenn ein Familienmitglied sie zum vollen Preis gekauft hat.

Eines freilich hat die Reform nicht behoben: Wer reisen will, muss gut rechnen können. Dafür könnte die Bahn aber künftig wieder zur echten Auto-Alternative werden. Selbst für das Fußvolk.

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