Beschäftigungspolitik:Müntefering will freien Fall der Löhne stoppen

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Geht es nach Arbeitsminister Müntefering, sollen auch niedrig bezahlte Tätigkeiten eine auskömmliche Existenz ermöglichen. Hier zeichneten sich in Deutschland Defizite ab. Die Regierung werde daher über Mindest- und Kombilöhne diskutieren.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) will sich in der großen Koalition für angemessene Löhne für deutsche Beschäftigte stark machen. "Zu menschenwürdiger Arbeit gehören existenzsichernde Löhne", sagte der Vizekanzler am Freitag im Bundestag. Wer regulär arbeite, müsse am Ende des Monats "so viel in der Tasche haben, dass er sich und seine Familie ernähren kann", erklärte Müntefering.

Die Menschen hätten das Gefühl, dass es bei den Löhnen einen "freien Fall" gebe. Es gebe das Bedürfnis nach mehr Sicherheit. Die Koalition werde deshalb in den nächsten Monaten über die Einführung von Mindest- und Kombilöhnen sowie über eine Ausweitung des Entsendegesetzes und die europäische Dienstleistungsrichtlinie diskutieren. Im ersten Halbjahr 2006 müsse die Regierung sagen, "was wir machen wollen", kündigte der Minister an.

Aufforderung an Unternehmer

Müntefering forderte zudem die Betriebe auf, mehr Jobs zu schaffen. Es wäre "eine grandiose Sache für dieses Land", wenn der "eine oder andere Unternehmer" ankündigte, dass im nächsten Jahr insgesamt 100.000 oder 200.000 Arbeitsplätze geschaffen würden, sagte der SPD-Politiker.

Als wichtiges Ziel nannte er die Beschäftigung älterer Menschen. Von den über 60-Jährigen arbeiteten nur etwa 22 Prozent. Über viele Jahre hätten alle Parteien den Trend zur Frühverrentung befördert. "Das muss korrigiert werden", sagte Müntefering.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warf dem Minister in der Debatte vor, dass die große Koalition gerade eine Sonderregel für Ältere verlängern wolle, die Frühverrentung und den "Jugendwahn" in den Firmen weiter ermögliche.

58er-Regelung

In erster Lesung beschloss der Bundestag am Freitag die Verlängerung der so genannte 58er-Regelung. Nach dieser können Erwerbslose ab 58 Jahren Arbeitslosengeld beziehen, ohne für einen Job bereitstehen zu müssen. Auch innerhalb der Koalition - vor allem in der CSU - gibt es Widerstand gegen die Fortsetzung dieser Regelung.

Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Gerald Weiß (CDU), sagte der Süddeutschen Zeitung, es gebe hier noch Diskussionsbedarf.

Der Bundestag beschloss in erster Lesung weitere Änderungen an den Arbeitsmarktgesetzen, so das Auslaufen der Förderung von Ich-AGs zum 30. Juni 2006 und die Verlängerung von Fördermaßnahmen für ältere Arbeitnehmer.

© SZ vom 03.12.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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