Hi, Sie sind doch hoffentlich mit der Straßenbahn gekommen?", begrüßt einen Dennis Meadows, während im Hintergrund gerade das Taxi davonbraust. Nach einem kurzen musternden Schweigen gibt er dann trotzdem Antworten, oder, wie er sagt, "ich teile gerne meine Gedanken". Immerhin geht es um die derzeit drängendsten Fragen der westlichen Welt: um Ursachen und vor allem um Lösungen für die Krise.
Dennis Meadows, emeritierter Professor aus New Hampshire, ist seit Ausbruch der Krise wieder sehr gefragt - wohl auch, weil Menschen mit pessimistischem Weltbild in Krisenzeiten wieder mehr Gehör finden Seine Thesen sind heute brisanter denn je. Der Klimawandel ist nach herrschender Meinung in vollem Gang.
(Foto: Foto:)Meadows ist Systemanalytiker und fast sein ganzes Berufsleben gegen den Strom geschwommen."Man muss auf kurze Sicht oft komplizierte Wege gehen, um Dinge langfristig zu verbessern", ist eine der Kernthesen des 66-jährigen US-Wissenschaftlers, der bis vor fünf Jahren an diversen renommierten amerikanischen Universitäten lehrte.
Berühmt wurde Meadows schon 1972, als er zusammen mit seiner Frau Donella und einem kleinen Forscherteam am Massachusetts Institute of Technology (MIT) die möglichen "Grenzen des Wachstums" der Weltwirtschaft auslotete.
Langsameres Wachstum angemahnt
Das Buch, veröffentlicht als Bericht für die Denkfabrik "Club of Rome", wurde ein Bestseller. Es verhalf der Vereinigung, in der sich namhafte Persönlichkeiten in Europa bis heute für eine lebenswerte Zukunft einsetzen, zu großer Popularität.
Dabei verbreiteten die Meadows in ihrem Bericht praktisch nur schlechte Nachrichten: Die Welt könne binnen hundert Jahren einen Kollaps erleben, wenn die Menschheit weiter so wachse, konsumiere und verschmutze wie bis dato.
Die ersten Vorboten würden die Menschen schon in 50 Jahren spüren, weil die Tragfähigkeit der Erde überschritten werde. Sie mahnten deshalb zu einer Verlangsamung des Wachstums, plädierten für eine Ressourcenschonung und prägten so den Begriff der Nachhaltigkeit.
Mit den beiden Ölkrisen in den siebziger Jahren war die Studie zunächst in aller Munde. Doch mit den sinkenden Energiepreisen in den achtziger Jahren kamen zahlreiche Kritiker. Sie warfen den Wissenschaftlern vor, mit ihren Katastrophenszenarien unnötig Panik verbreitet zu haben. Schließlich war ja vergleichsweise wenig passiert, und die Weltwirtschaft nahm nach einigen Krisenphasen ihren Wachstumspfad wieder auf.
Brisanter denn je
Dass das MIT-Team langfristige Probleme ansprach wie Energieknappheit und Umweltverschmutzung, geriet in Vergessenheit. Eine zweite und dritte, um neue Daten aktualisierte Auflage des Buches 1992 und nach der Jahrtausendwende, erhielt entsprechend weniger Resonanz als das Erstlingswerk.
Heute sind Meadows' Thesen brisanter denn je. Der Klimawandel ist nach herrschender Meinung in vollem Gange und die wichtigsten Energierohstoffe wie Öl können nicht mehr in beliebiger Menge aus der Erde gezogen werden. Und der emeritierte Professor aus New Hampshire, der Systemwissenschaften lehrte und selbst auch Chemie und Betriebswirtschaft studiert hat, ist seit Ausbruch der Krise wieder sehr gefragt.
Dabei hält Meadows die Bankenkrise gar nicht für die Ursache der jetzigen Misere. Das herrschende Finanzsystem ist seiner Meinung nach lediglich ein Beschleuniger oder "Katalysator" eines viel tiefer greifenden Problems: das der Überkapazitäten.
"Auf einem freien Markt locken interessante Technologien immer viel Kapital an, die Handelsliberalisierung führt dazu, dass solche Industrien über ein gesundes Maß hinaus expandieren", erklärt Meadows im Gespräch mit der SZ.
Lesen Sie auf der zweiten Seite, welches Hindernis nach Auffassung von Meadows bei der Überwindung von Krisen am gravierendsten ist.