BenQ-Debakel:Schimpfkanonade in Richtung Taipeh

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Die Wut des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers über den taiwanesischen Elektrokonzern BenQ ist noch lange nicht verraucht. Drei Wochen nach der Insolvenz der deutschen Handy-Tochter BenQ Mobile polterte er wieder gegen die Konzernherren in Taipeh los.

Rüttgers (CDU) wirft BenQ vor, sich nicht um seine von der Entlassung bedrohten Mitarbeiter in Deutschland zu scheren. "Mich regt auf, dass diese BenQ-Leute da irgendwo in Taipeh sitzen und so tun, als ob sie mit dieser Geschichte nichts zu tun haben" sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Sonntagabend in der ARD-Sendung Sabine Christiansen.

Wütender Ministerpräsident: Jürgen Rüttgers bei Sabine Christiansen. (Foto: Foto: dpa)

BenQ hatte im Oktober 2005 die Handysparte des Siemens-Konzerns zu ungewohnt günstigen Konditionen übernommen: Siemens gab seine Tochter nicht nur umsonst her, sondern legte sogar noch einen dreistelligen Millionenbetrag obendrauf.

Ein knappes Jahr später meldete BenQ Ende September dennoch Insolvenz für die Werke in Deutschland an, was einen Sturm der Entrüstung auslöste. Einer der ersten und schärfsten Kritiker war dabei Rüttgers. Betroffen sind rund 3000 Mitarbeiter in Nordrhein-Westfalen und Bayern.

Anstandsgründe

Rüttgers forderte BenQ auf, die zu erwartenden Entlassungen sozial abzufedern. "Die sollen gefälligst sich jetzt an den Kosten beteiligen, die man hier in Europa aus Anstandsgründen den Mitarbeitern gegenüber dann auch wirklich aufbringen muss", sagte Rüttgers.

Gleichzeitig lobte Rüttgers allerdings den Siemens-Konzern für seinen Einsatz. Siemens hatte versprochen, entlassene BenQ-Mitarbeiter bei Einstellungen bevorzugt zu berücksichtigen. "Ich will mal ausdrücklich sagen, dass sich Siemens an der Stelle fair verhält", sagte Rüttgers dazu.

"Vertrauenskrise"

Vorgänge wie um BenQ führten zu einer Vertrauenskrise, führte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident weiter aus.

Manager und Politik hätten den Mitarbeitern suggeriert, ihre Arbeitsplätze würden auf Grund der mehrfachen Zugeständnisse bei Gehältern und Arbeitszeit erhalten.

"Mich macht das wütend. Wie soll denn jemand, der jetzt seinen Job verliert, der nicht weiß, wie er seine Familie ernährt; wie soll der jemandem aus der Politik oder aus der Wirtschaft, der so etwas erzählt hat, noch glauben", sagte Rüttgers.

Am Wochenende wurde zudem bekannt, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter BenQs gute Chancen auf einen begrenzten finanziellen Ausgleich für den Verlust ihres Jobs hätten.

Vereinbarung

Wie der Spiegel berichtete, gehe dies aus einer Vereinbarung zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung des Ex-Mutterkonzerns Siemens anlässlich der Ausgliederung der Mobilfunksparte im Sommer 2005 hervor.

In der "Protokollnotiz zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen" auf den neuen Eigentümer BenQ sei geregelt, welche Abfindungen den Beschäftigten zustünden, falls es vor dem 30. September 2008 zu betriebsbedingten Kündigungen komme oder Beschäftigte per Aufhebungsvertrag zum Ausscheiden gedrängt würden.

Sozialplangeld

Danach stünden Mitarbeitern, die das Unternehmen bis Ende September 2007 verlassen, 80 Prozent der bei Siemens geltenden Sozialplangelder zu. Ein Jahr später hätten die Ex-Angestellten noch Anspruch auf 60 Prozent der dort üblichen Abfindungssumme.

Da es für die BenQ-Angestellten durch die Insolvenz nun noch schlimmer gekommen sei, als in dem Papier skizziert, forderten Arbeitnehmervertreter und die IG Metall den Konzern laut Spiegel auf, die zustehenden Zahlungen in geplante Transfergesellschaften einzubringen.

Ein Siemens-Sprecher habe Forderungen nach einer Aufstockung des vom Konzern bewilligten Hilfsfonds zurückgewiesen und verweise darauf, dass BenQ zu zahlen habe, schreibt der Spiegel weiter.

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