Benetton:Mautstraßen statt Pullover

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Die Unternehmerfamilie Benetton aus Italien ist nun Großaktionärin von Hochtief. Denn der Essener Konzern und eine Benetton-Tochter machen ein gemeinsames Geschäft, bei dem es um Tausende Kilometer Autobahn und Milliarden an Mauteinnahmen geht.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Der Essener Baukonzern Hochtief hat einen neuen Großaktionär, den man eher wegen seiner Pullover kennt denn wegen seiner Straßen oder Brücken: Die italienische Familie Benetton hält seit dieser Woche über ihr Tochterunternehmen Atlantia knapp 24 Prozent der Hochtief-Aktien. Denn Benetton, Hochtief und der spanische Baukonzern ACS haben am Montag ein Milliardengeschäft vollzogen, in dem es um Autobahnen - und vor allem um deren Mauteinnahmen geht.

Die drei Konzerne übernehmen gemeinsam die Firma Abertis in Barcelona. Diese betreibt in Europa und Südamerika Mautstraßen mit einer Länge von mehr als 8000 Kilometern. Das Geschäft ist gut 18 Milliarden Euro schwer, da Abertis mit den Straßengebühren satte Gewinne erwirtschaftet. Die Unternehmen haben ein Tauschgeschäft ausgeknobelt, in dessen Zuge sich die Italiener an Hochtief beteiligen.

Mit ihrem Gemeinschaftsunternehmen haben die beteiligten Konzerne einen Bieterkampf um Abertis verhindert, der für den Käufer noch einige Milliarden Euro teurer hätte werden können. Denn die Benetton-Gruppe hatte bereits im vergangenen Jahr gut 17 Milliarden Euro für Abertis geboten. Ihr gehören seit der Jahrtausendwende weite Teile des privatisierten Autobahnnetzes in Italien; gemeinsam mit den Spaniern wollte sie Europas größten Mautkonzern schaffen. Doch dann konterte Hochtief als Tochter des spanischen Konzerns ACS mit einer eigenen Offerte. Hinter dem Gebot steckte auch der politische Wunsch, dass der spanische Straßenbetreiber in spanischen Händen bleiben sollte.

Im Frühjahr haben sich die Unternehmen schließlich darauf geeinigt, Abertis gemeinsam zu übernehmen. Die Italiener sind nun zur Hälfte an dem Straßenkonzern beteiligt, Hochtief zu 20 und der Mutterkonzern ACS zu 30 Prozent. Das Gemeinschaftsunternehmen sei gut im Weltmarkt positioniert, sagte ACS-Chef Florentino Perez. Der Bauunternehmer ist nebenbei als Präsident des Fußballklubs Real Madrid bekannt. Die Konzerne könnten sich nun gemeinsam darum bewerben, Autobahnen, Brücken oder Bahnstrecken zu bauen, zu betreiben und die Nutzungsgebühren einzusammeln.

Das Essener Unternehmen Hochtief profitiert derzeit von der weltweiten Baukonjunktur. Der M-Dax-Konzern bewirbt sich regelmäßig auf öffentlich-private Partnerschaften: Das Unternehmen baut Straßenabschnitte und erhält im Gegenzug einen Teil der Mauteinnahmen. Dank der neuen Beteiligung an Abertis hoffen die Essener auf zusätzliche Aufträge. Hochtief gehört noch zu gut 50 Prozent dem ACS-Konzern.

Unterdessen haben die Straßengeschäfte der Benetton-Gruppe in diesem Sommer traurige Bekanntheit erlangt: In der italienischen Hafenstadt Genua stürzte im August die Morandi-Brücke ein, die von der Atlantia-Tochter Autostrade per l'Italia betrieben wird. Bei dem Unglück starben 43 Menschen.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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