Belastungsprobe für Deutsch-Französische Beziehungen:Routinetreffen wird zum Airbus-Gipfel

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Harte Entscheidungen sind gefragt: Das Routinetreffen von Bundeskanzlerin Merkel mit dem Frankreichs Präsidenten Chirac am kommenden Freitag wird von den Sanierungsplänen bei Airbus dominiert. Während die französische Regierung 10.000 Jobs für gefährdet hält, weiß Berlin noch von gar nichts.

Eine entsprechende Äußerung des französischen Premierministers Dominique de Villepin vom Dienstag wurde in Berliner Koalitionskreisen indirekt bestätigt.

Im Interesse Frankreichs: Galanter Jacqes Chirac mit seiner Amtskollegin Angela Merkel. (Foto: Foto: dpa)

Villepin hatte zuvor im Radiosender RTL erklärt, dass der Airbus-Mutterkonzern EADS zur Sanierung die Streichung von rund 10.000 Arbeitsplätzen voraussieht.

Die Veröffentlichung der Sanierungspläne war ursprünglich für (den heutigen) Dienstag geplant, aber am Montag verschoben worden.

Villepin sagte zu dem Gipfeltreffen: "Das ist eine Angelegenheit, die wir auf höchster Ebene behandeln wollen."

Keine formelle Tagesordnung

Die in etwa zweimonatigem Abstand stattfindenden Treffen der deutschen und der französischen Regierungsspitze im so genannten Blaesheim-Format haben in der Regel keine formelle Tagesordnung, sondern dienen der Vertiefung der Beziehungen und sollen Unstimmigkeiten möglichst schon im Ansatz lösen.

Das Treffen am Freitag, an dem auch die Außenminister teilnehmen, findet zum ersten Mal im neuen Gästehaus der Bundesregierung im brandenburgischen Meseberg statt.

Zu einer Sache der Politik hatte der französische Premierminister Dominique de Villepin die Airbus-Krise gemacht. Nach einem Bericht der Bild-Zeitung sollen die niedersächsischen Airbus-Werke in Varel (Kreis Friesland) und Nordenham (Kreis Wesermarsch) verkauft wrden.

Der Chef der SPD- Landtagsfraktion, Wolfgang Jüttner forderte daraufhin, die Sanierungspläne für Airbus rasch auf den Tisch zu legen.

"Die Verunsicherung der Beschäftigten an den niedersächsischen Standorten ist unerträglich", sagte Jüttner in Hannover.

"Falscher Weg"

Pläne, 10 000 Stellen bei Airbus abzubauen, bezeichnete er als falschen Weg. "Ich glaube nicht, dass das angemessen ist", sagte Jüttner. "Ob das die richtigen Antworten auf die Problemlage von Airbus sind, wage ich zu bezweifeln."

In den Werken in Varel und Nordenham arbeiten insgesamt 3500 Beschäftigte. Die Betriebsräte beider Werke waren am Morgen für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der geplante Stellenabbau bei Airbus in Hamburg soll weniger als 1000 Stellen umfassen. Das Unternehmen wollte sich zu den Zahlen nicht äußern. "Es gibt noch keine Entscheidungen", sagte Airbus-Sprecher Tore Prang am Dienstag.

Gegen reine Entlassunge

Villepin sagte am Dienstag zu dem Sanierungsplan des Flugzeugbauers, er habe sich Airbus-Chef Louis Gallois gegenüber aber gegen reine Entlassungen bei Airbus gewandt.

EADS-Co-Chef Tom Enders wollte de Villepins Angaben nicht bestätigen. "Da weiß er vielleicht mehr als ich", sagte Enders am Dienstag am Rande einer Veranstaltung in Hamburg zu Villepins Aussage, dass 10.000 Airbus- Arbeitsplätze auf der Kippe stünden. "Es sind noch keine Entscheidungen getroffen." Enders wollte nicht sagen, wann die Details des Airbus-Sanierungsprogramms "Power8" veröffentlicht werden.

Überzogene "Horrorszenarien"

Er sei zuversichtlich, dass in den kommenden Tagen gute Gespräche geführt würden. Viele Befürchtungen und "Horrorszenarien" seien überzogen.

Auch nach Kenntnis der Bundesregierung sind von EADS noch keine konkreten Entscheidungen zur Airbus-Sanierung getroffen worden. Alle Berichte über einen Stellenabbau "beruhen lediglich auf Spekulationen", sagte Regierungssprecher Thomas Steg am Dienstag in Berlin.

An solchen Spekulationen werden sich die Bundesregierung nicht beteiligen "und deshalb nimmt die Bundesregierung dazu auch keine Stellung".

Berlin: Zunächst Entscheidungen abwarten

Zunächst müssten die Entscheidungen in der Unternehmensspitze abgewartet werden, sagte Steg. Eine Stellungnahme werde es erst geben, wenn Entscheidungen bekannt seien.

Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dass es bei "nötigen und unverzichtbaren Anpassungen" eine Balance zwischen den am Gemeinschaftsunternehmen beteiligten Parteien gebe.

Unterdessen äußerte sich die spanische Regierung zuversichtlich, dass Spanien von den Stellenabbau-Plänen bei Airbus nur wenig betroffen sein wird.

"Madrid geht davon aus, dass diese Pläne für die Beschäftigung in Spanien keine großen Auswirkungen haben werden", sagte Industrieminister Joan Clos. Er wies nach Presseberichten vom Dienstag zugleich darauf hin, dass die endgültige Version der Airbus- Pläne noch nicht bekannt seien.

Wichtige spanische Bauteile

Beim Flugzeugtyp A320 wolle der Hersteller die Produktion nicht drosseln, sondern steigern. Damit würden auch mehr Bauteile aus Spanien benötigt.

Beim Typ A380 gebe es dagegen einen Überhang an Bauteilen. Dies sei jedoch nicht gravierend, sagte Clos. Der Airbus- Mutterkonzern EADS beschäftigt in Spanien insgesamt über 8000 Menschen.

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