Bei uns in Zürich:Viel Kohle, wenig Humor

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Die Schweiz ist das beste Land der Welt, sagt eine Studie aus den USA. Die Schweiz wäre aber nicht die Schweiz, wenn sie sich nicht detailliert und etwas beleidigt mit den in der Studie vermerkten Schattenseiten ihres Landes auseinander setzen würde.

Von charlotte Theile

Es ist eine dieser Meldungen, auf die man nicht klicken will, man weiß schon vorher, was drin steht. "Die Schweiz ist das beste Land der Welt" lautet die Überschrift: Einer US-Studie zufolge erreicht die Schweiz im weltweiten Vergleich den ersten Platz. Dass die Forscher der Universität Pennsylvania und eine Consulting Agentur für das Magazin US News & World Report zu diesem Ergebnis kommen, liegt an Spitzenwerten in politischer und ökonomischer Stabilität, hohen Vertrauenswerten, gutem Zugang zu Kapital.

Die Schweiz wäre aber nicht die Schweiz, wenn sie sich nicht detailliert mit den in der Studie vermerkten Schattenseiten ihres Landes auseinandersetzen würde. Im Boulevardblatt Blick werden sie dieser Tage etwas beleidigt aufgelistet. Da wäre zum Beispiel der Humor. Hier erreichen die Schweizer unerklärlicherweise nur 3,1 von zehn möglichen Punkten. Auch das Essen und die Sehenswürdigkeiten schneiden schlecht ab. Besonders hart aber trifft die Schweizer ihre Bewertung in der Kategorie Sexyness: 0,9 von zehn möglichen Punkten. Weniger geht nur in punkto Bezahlbarkeit.

Die Freude über den ersten Platz im Gesamtranking ist in der Kommentarspalte denn auch komplett verraucht. Man ist wütend, dass sich die Ausländer die Frechheit herausnehmen, einen weder witzig noch sexy zu finden. Der Schweizer Humor, so vermuten viele Kommentarschreiber, sei eben so gewieft, dass ihn Außenstehende nicht verstehen würden, die Spitzenküche für arme Ausländer leider nicht erschwinglich - und die Schweizer Frauen? "Sexy, willig und begehrenswert". Und überhaupt: "Ich hatte immer guten Sex, das lasse ich mir von keiner Statistik vermiesen." 221 Likes.

Die Deutschen übrigens, die in der Studie vor einem Jahr den ersten Platz belegt hatten und sich nun mit Rang vier zufrieden geben müssen, reagieren ähnlich empfindlich. Illustriert mit traurigen Mädchen mit schwarz-rot-goldener Farbe im Gesicht stellen deutsche Zeitungen erschüttert fest: "Deutschland plötzlich nicht mehr das beste Land der Welt".

Auf diese Gefühle sollten sich auch die Schweizer vorbereiten, die jetzt sogar bei der seriösen Handelszeitung begeistert auf das Rating klicken. Die Konkurrenz ist hart, Kanada, Großbritannien, Japan sind ganz nah dran. Was den Schweizern Mut machen könnte: 0,9 von 10 Sexyness-Punkten sind in der Spitzengruppe ein recht guter Wert. Deutschland, Japan, Kanada und Großbritannien kommen hier nur auf traurige 0,3 Punkte.

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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