Bei uns in Zürich:Aus ist's mit der Langsamkeit

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Schweizer Luxusuhrenverkäufer sind eher behäbig-alterwürdig und schlagen ihr Produkt im Laden in Samt. Jetzt hat Omega aber Instagram entdeckt.

Von Charlotte Theile

Es ist noch nicht lange her, ein Jahr vielleicht, da hätten die Uhren-Händler an der Zürcher Bahnhofsstrasse nur sanft den Kopf geschüttelt und sich bemüht, ihr Befremden nicht allzu sehr nach außen zu tragen: Eine Luxus-Uhr über die Foto-Community Instagram verkaufen? Eher nicht. Zeitmesser von Marken wie Patek Philippe, IWC oder Omega werden nicht auf schnelllebigen Social-Media-Plattformen verhökert, sondern in altehrwürdigen Geschäften nach ausführlicher Beratung in Samt geschlagen - diese Gleichung hatte Bestand, aller Apple-Watches zum Trotz. Die Schweizer Swatch-Group, zu der die Nobelmarke Omega gehört, grenzte sich bewusst gegen die aufgeregten Big Player aus Kalifornien ab.

Am Dienstag aber rief Omega auf Instagram den "Speedy Tuesday" aus - und die Sache mit der Langsamkeit hatte sich auf einen Schlag erledigt. Innerhalb von vier Stunden und 15 Minuten setzte Omega mit einer auf 2012 Stück limitierten Sonderedition des bekannten Klassikers "Speedmaster" 11, 7 Millionen Franken um, umgerechnet knapp elf Millionen Euro. Bei den Kunden in den USA kam die Aktion nicht nur gut an - wegen der Zeitverschiebung seien sie am "Speedy Tuesday" deutlich benachteiligt gewesen, klagten einige.

Die 5800 Franken (etwa 5400 Euro), die Omega pro Uhr berechnete, haben sich für die Käufer vermutlich gelohnt: Generell steigen Uhren aus limitierten Sondereditionen und solche, über die man eine gute Geschichte erzählen kann, im Wert. Die Berichterstattung über die Verlosung, der Ärger der US-Kunden, all das trägt schon zur Wertsteigerung der gerade erst erworbenen Uhr bei. Dazu kommt der Tabu-Bruch: Wie die Schweizer Handelszeitung fast ergriffen feststellte, ist es das erste Mal, dass die Swatch Group das "eherne Prinzip" durchbrochen hat und "teure Zeitmesser" nicht mehr nur in ausgesuchten Boutiquen vertreibt, sondern ganz schnöde per Link und nach dem Suppenküchen-Prinzip: "First come, first serve". Bei anderen Manufakturen hat sich der digitale Versandhandel dagegen fast etabliert: Die ebenfalls ziemlich teuren Uhren von IWC aus Schaffhausen werden seit einigen Wochen auf den Luxus-Mode-Seiten Net-a-Porter und Mr. Porter verkauft.

Größter Profiteur der Speedy-Tuesday-Aktion könnte aber das Instagram-Profil von Omega sein: Da, wo kürzlich noch Cindy Crawford weitgehend unbeachtet ihre Armbanduhr neben Rührei und Obst ablichtete ("Time for breakfast") warten jetzt eine Million Menschen auf die nächste große Verkaufsaktion.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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