Bei uns in Tokio:Toshiba verschwindet, Sazae bleibt

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Jedes japanische Kind kennt Sazae-san, schon seit einem halben Jahrhundert. Und damit automatisch auch Toshiba. Doch das wird sich ändern, die Kleinen müssen sich das Logo des Konzerns nicht mehr merken.

Von Christoph Neidhart

Jedes japanische Kind kennt Sazae-san, schon seit einem halben Jahrhundert. Und damit automatisch auch Toshiba. Sazae ist eine junge Frau und der Mittelpunkt einer Großfamilie in Tokio. Die Manga-Figur wurde erstmals 1946 von Machiko Hasegawa gezeichnet. Seit 1969 gibt es Sazae-san auch als Zeichentrickfilm. Seither dürfen am Sonntag um 18.30 Uhr selbst die Kinder fernsehkritischer Eltern vor der Glotze hocken. Und sich mit Tarao fürchten, dem dreijährigem Sohn Sazaes. Oder mit Wakame lachen, der erst neunjährigen Schwester von Sazae.

Während des Abspanns um 19 Uhr singen die Kinder die Titel-Melodie mit. Dazu flimmert wie schon während der Werbeblöcke das Toshiba-Logo über den Bildschirm. Der Konzern sponsert die Sendung seit ihrem Start vor 48 Jahren. Doch damit ist nun Schluss. Toshiba wird den Sponsorenvertrag, der im Frühjahr ausläuft, nicht erneuern. Das schlingernde Unternehmen, das 4,5 Milliarden Euro aufnehmen muss, um seine Pleite abzuwenden, kann sich keinen Zuschuss an eine Kindersendung mehr leisten. Auch vom Times Square in New York wird der Toshiba-Schriftzug demnächst verschwinden.

Das hat durchaus seine Logik. Es ist wenig sinnvoll, den kleinen Japanern noch das Toshiba-Logo einzuprägen. Ihr Fernseher ist zwar noch von Toshiba, der Kühlschrank und die Klimaanlage sind es vielleicht auch. Aber der Konzern hat seine Haushaltsgeräte-Abteilung im vergangenen Jahr an die chinesische Firma Midea verkauft. Die neuen Besitzer dürfen ihre Geräte zwar noch 50 Jahre unter der Marke Toshiba verkaufen, aber die Japaner verdienen daran nichts mehr. Auch die TV-Herstellung wird ausgegliedert.

Bis vor einigen Jahren war in manchen japanischen Häuser fast alles von Toshiba, auch der Lift, der Laptop und das Handy. Davon wird wenig bleiben. Der stolze, 142 Jahre alte Konzern wird bald nur noch Erinnerung sein. Sazae dagegen bleibt. Und sie bleibt für immer 27. Trotzdem hat auch die lebenslustige Tokioterin bessere Zeiten gesehen. Einst war sie eine moderne emanzipierte Frau. Heute ist die Sendung nostalgisch, sie zeichnet eine glückliche Nachkriegszeit, als Japan noch in Ordnung war und Toshiba der Familie am Bildschirm eine bessere Zukunft versprach. Mit dem Waschautomaten, dem Geschirrspüler und der Mikrowelle von Toshiba.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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