Bei uns in Tokio:Alles in Butter? Von wegen

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Japan ist ein Land des Überflusses; viele Menschen haben von vielem zu viel, außer Zeit und Platz. Trotzdem gibt es nicht genug Butter, vor allem nicht vor Festtagen. Derzeit gibt es auch keine Kartoffel-Chips zu kaufen. Wie kann das sein?

Von Christoph Neidhart

Japan ist ein Land des Überflusses; viele Menschen haben von vielem zu viel, außer Zeit und Platz. Trotzdem gibt es keine Butter. Und derzeit auch keine Kartoffel-Chips. (Es gibt, das soll nicht unerwähnt bleiben, auch Armut: Ein Drittel von Japans Kindern wachsen nach offizieller Statistik arm auf.)

Die Butterversorgung ist in den vergangenen Jahren mehrfach so zusammengebrochen, wie man es sich in einem reichen Land kaum vorstellen kann. Obwohl die Japaner wenig Butter essen und kaum backen, verschwindet diese seit 2008 immer wieder aus den Regalen der Supermärkte, vor allem vor Weihnachten. Sobald irgendwo welche auftaucht, füllen die Kunden ihre Einkaufskörbe, als legten sie Vorräte fürs ganze Leben an. Um das zu verhindern, geben viele Läden nur ein 200-Gramm-Blöckchen pro Kunde ab.

Weil die Leute horteten, entstanden in den sozialistischen Planwirtschaften oft Engpässe von Gütern, die ausreichend produziert wurden. In den Läden gab es beispielsweise kein Klopapier, aber viele Familien hatten Hunderte Rollen zu Hause. Und in Japan?

Japan verbraucht jährlich etwa 80 000 Tonnen Butter, 650 Gramm pro Kopf und Jahr (die Deutschen verzehren das Zehnfache), es produziert aber nur 65 000 Tonnen. Das Landwirtschaftsministerium steuert die Produktion - planwirtschaftlich. Die Einfuhr von Butter ist zwar nicht verboten, aber die Zölle sind so hoch, dass sie sich kaum lohnt. Werden mehr als 11 555 Tonnen importiert, schnellen die Zölle sogar zusätzlich in die Höhe (voriges Jahr verzichtete die Regierung auf diesen Extra-Zoll, das verringerte die Knappheit etwas). In ihrem Eifer waren die staatlichen Planer vor elf Jahren allerdings zu weit gegangen. Um Butterberge zu vermeiden, hatten sie Milchkühe schlachten lassen. Leider zu viele.

Wie die Butter, so die Kartoffel-Chips, auch hier übersteuert die Regierung. Viele Chips-Geschmäcker werden derzeit gar nicht produziert, weil die Kartoffeln dazu fehlen. Für Chips braucht es spezielle Sorten, zudem müssen sie frisch sein. Für den Import frischer Knollen jedoch braucht es eine Spezialgenehmigung: In der Erde, die an ihnen klebt, könnten Krankheitserreger stecken, befürchten die Behörden.

Allerdings hat ein Hersteller, Calbee, für sein Werk in Hiroshima eine solche Bewilligung. Doch auch dort wird nicht voll gearbeitet. Es fehlen Arbeitskräfte, vor allem Ungelernte. Arbeitskräfte dürfen Japans Unternehmen aber auch nicht im Ausland holen - oder nur mit einer Spezialbewilligung.

© SZ vom 26.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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