Bei uns in Peking:Himmlische Zeichen

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Seit Tagen regnet es in Peking - obwohl die Stadt doch praktisch in der Wüste liegt. Entsprechend schlecht ist sie auf das Wasser vorbereitet. Das Wetter ist für viele Menschen hier ein Omen - nur was wollen diese Wolkenbrüche ihnen diesmal sagen?

Von Christoph Giesen

Seit Tagen donnert und schüttet es in Peking ohne Unterlass. Und auch für die kommende Woche sagt der Wetterbericht Regen und Gewitter voraus. Die Straßen verwandeln sich dann in Bachläufe, Keller laufen voll, die Kanalisation ist nicht gerüstet. Warum auch? Peking ist beinahe eine Wüstenstadt, die ersten Dünen der Gobi türmen sich keine 70 Kilometer weit entfernt auf. Dauerregen ist in der chinesischen Hauptstadt so selten wie Schnee in Süditalien.

Fast jeden Tag werden nun wegen des schlechten Wetters Flüge umgeleitet. Wer Glück hat, darf nach vier Stunden Warten auf dem Rollfeld irgendeines Provinzflughafens weiterreisen. Pech hatten dagegen die Fluggäste einer Maschine aus Shanghai. Zweimal versuchten die Piloten, Peking anzufliegen. Zweimal kehrten sie um. 17 Stunden waren die Passagiere unterwegs, nach Peking schafften sie es nicht.

Manch einer mutmaßt gar, der Dauerregen sei ein Zeichen, eine Vorahnung, das etwas Einschneidendes bevorstehe. Nur was? Die Rache des Donald Trump? Während es in Peking strömt und blitzt, verkündete der US-Präsident neue Strafzölle, der Yuan ging auf Talfahrt, der Handelskrieg droht die Weltwirtschaft mitzureißen.

Das letzte Mal, dass das Wetter den Aberglauben der Chinesen so befeuerte, liegt anderthalb Jahre zurück. Am 17. März 2018, nach 145 Tagen ohne Niederschlag, schneite es auf einmal. Nicht sehr viel, zwei Zentimeter, und doch sahen viele ein Signal darin. Just als sich der Himmel öffnete, wurde Staats- und Parteichef Xi Jinping vom alljährlich tagenden Volkskongress zum Präsidenten gewählt mit 2970 Jastimmen, keine Enthaltung, keine Gegenstimme.

Von Überflutungen dürfte Xi verschont bleiben, Chinas Kreml, der Zhongnanhai, liegt direkt neben der Verbotenen Stadt. Die Kaiser bestanden darauf, dass der Palast im Herzen Pekings ein solides Entwässerungssystem bekommt, es funktioniert bis heute einwandfrei - im Gegensatz zum Rest der Stadt.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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