Bei uns in Peking:Gute Beziehungen zum Tower inklusive

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Wer in China mit dem Flugzeug reist, braucht viel Geduld. In Shanghai kommt mittlerweile jeder zweite Flieger unpünktlich an. Wer sich über Verspätungen bei der Deutschen Bahn beschwert, ist noch nie in China geflogen.

Von Christoph Giesen

Dienstreise nach Hongkong: Der Rückflug nach Peking soll um 19 Uhr starten, geplante Ankunft gegen 22 Uhr. Landen, aussteigen, Passkontrolle. Hoffentlich keine allzu lange Schlange am Taxistand, um Mitternacht dann endlich zu Hause. So der Plan, wie so oft. Nach langem Warten meldet sich der Pilot per Durchsage aus dem Cockpit und das ungewöhnlich ehrlich: "Aufgrund einer militärischen Anordnung ist der chinesische Luftraum noch nicht freigegeben", das sagen sie sonst nie. Obwohl es die Wahrheit ist. Um vier Uhr nachts steckt schließlich der Schlüssel in der Wohnungstür in Peking. Mal wieder.

Fliegen in China erfordert vor allem Geduld. Bis etwa 2009 war es erträglich. Damals waren noch 80 Prozent der Flüge pünktlich. Das gilt heute nur noch für Regionalflughäfen tief in der Provinz. In Shanghai zum Beispiel ist inzwischen jeder zweite Flug unpünktlich - wohlgemerkt an beiden Flughäfen der Stadt. Wer sich über die Deutsche Bahn beschwert, ist noch nie in China geflogen. Die einzige Chance, hier halbwegs pünktlich zu sein, sind Fahrten mit dem Schnellzug.

Die chronische Verspätung hat zwei Gründe: Immer mehr Chinesen fliegen. Die Airlines rangeln um die ohnehin schon knappen Slots. Vor allem aber ist das Militär schuld: In den Vereinigten Staaten sind 80 Prozent des Luftraums für den zivilen Flugverkehr freigeben. In China kontrolliert die Volksbefreiungsarmee mehr als 70 Prozent des Himmels. Eine kleine Militärübung hier, ein Manöver dort, und schon ist der Flugplan durcheinander.

Vor allem Vielflieger haben ihre Tricks entwickelt: Manche schwören auf die Frühmaschine. Andere meiden diese Flüge konsequent und probieren ihr Glück abends, um ja nicht den Termin am nächsten Tag zu verpassen. Viele buchen für Hin- und Rückflug mit unterschiedlichen Gesellschaften. Wer aus Peking abhebt, nimmt Air China, wer in Shanghai losfliegt, vertraut eher auf China Eastern. Der Gedanke dahinter: Peking ist Air Chinas Hub, China Eastern hingegen hat Shanghai als seinen Verkehrsknotenpunkt gewählt - gute Beziehungen zum Tower inklusive. Wenn's hilft.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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