Bei uns in Frankfurt:Streit unter fünf Sternen

Lesezeit: 2 min

Der französische Accor-Konzern eröffnete ein Sofitel in Frankfurt. Das kommt nicht gut an bei den anderen Fünf-Sterne-Hoteliers. Einer lästert über "die an der Oper".

Von Michael Kuntz

Frankfurt am Main ist eine besondere Stadt - nicht nur, weil sich hier im Club Voltaire seit fast 55 Jahren jene treffen, die einst auf den Straßen im Westend gegen den Muff unter den Talaren kämpften. Und sich heute im Alter mit der Frankfurter Rundschau Frischluft zufächeln in der legendären Politkneipe, die auch am bevorstehenden Heiligen Abend von 22 Uhr an die Ihren wärmen wird.

Gleich um die Ecke gibt es neuerdings ein weiteres Etablissement mit Ausschank. Der Alkohol kostet hier deutlich mehr, spielt aber eine geringere Rolle. Nur zwei Minuten sind es zu Fuß vom Club Voltaire zum Sofitel Frankfurt Opera. Keine 200 Meter liegen zwischen den beiden Stätten, die jede auf ihre Art für einen ausgeprägten Willen zum Wandel stehen. Das modern gestaltete Luxushotel Sofitel ist das Flaggschiff der französischen Kette Accor, zu der auch Unterkünfte wie die von Ibis und Mercure gehören. Das nagelneue Frankfurt Opera steht mitten in der Finanzstadt zwischen Bankentürmen, dem Konzertsaal und der Fressgasse auf einem Grundstück, um das Beherbergungs-Konzerne aus aller Welt gerangelt haben.

Sogar der französische Premierminister Manuel Valls reiste zur Eröffnung an, die geschickt während des Megaereignisses Buchmesse stattfand und eigentlich nur der Beginn einer finalen Bauphase war, in der zahlende Gäste und Handwerker gleichzeitig ein neues Hotel beleben. Auf dieses "Soft Opening" folgt dann noch ein Grand Opening irgendwann im Januar. Den Konkurrenten in der gehobenen Frankfurter Hotellerie geht das Getue der Franzosen um ihre neue 250-Euro-Herberge jetzt schon auf die Nerven.

Die traditionelle Nummer eins, der Frankfurter Hof, wird ewig renoviert. Das Stammlokal von Autoren und ihren Agenten war während der Buchmesse nur eingeschränkt nutzbar, ausgerechnet jetzt, wo das Sofitel die "art de vivre" eines großen privaten Stadthauses aus Paris kultiviert. Der Direktor des Hessischen Hofes, einem eher klassischen Anwesen im Besitz der Landgrafen von Hessen, artikulierte seinen Unmut über "die an der Oper" öffentlich in der lokal verwurzelten Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Über Eröffnungsrabatte für Geschäftskunden mokierte er sich, ungefähr so wie der Bahnchef über günstige Fernbusse ablästert. Die Nerven liegen offenbar blank in der Stadt mit den vielen gutsituierten Hotelgästen. An rund 60 Messetagen strömen jährlich etwa zwei Millionen Gäste in die Frankfurter Hotels. Deren Manager wollen aber natürlich auch an den übrigen Tagen des Jahres keine kalten Betten. Da stören "die an der Oper". Da bringt die kleine französische Revolution um die Ecke vom Club Voltaire die lange plüschig heile Welt der Traditionsherbergen am Main gerade ein wenig durcheinander.

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: