Bausparkasse:Gewinne mitten in der Krise

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Schwäbisch Hall stellt Kapital zurück für drohende Verluste, falls die Zinsen niedrig bleiben.

Deutschlands größte Bausparkasse stellt sich darauf ein, dass die Zinsen noch lange niedrig bleiben könnten. Schwäbisch Hall hat 175 Millionen Euro zurückgestellt, um drohende Verluste in der Zukunft auffangen zu können. "Die Rückstellungen haben wir gebildet für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass die Niedrigzins-Situation länger anhält", sagte Institutschef Reinhard Klein bei der Bilanzvorlage am Dienstag.

Die Bausparkassen leiden darunter, dass ihre Kunden kaum noch Bauspardarlehen aufnehmen. Wer wirklich kaufen oder bauen will, erhält bei vielen Banken günstigere Kredite. Stattdessen nutzen viele Kunden ihren alten Vertrag als reines Sparprodukt, auf das die Kassen bis zu fünf Prozent Zinsen pro Jahr versprochen haben. Den Instituten fällt es immer schwerer, diese Renditen zu erwirtschaften. Deshalb haben sie in den vergangenen Jahren bereits 250 000 alte Verträge gekündigt.

Trotz der Krise erwirtschaftete der Marktführer Schwäbisch Hall im vergangenen Jahr einen operativen Gewinn von 333 Millionen Euro, von dem die Rückstellung noch abgeht. Das sind zwar 2,3 Prozent weniger als 2015; trotzdem sprach Klein von einem "respektablen Ergebnis". Im Vorjahr war der Gewinn der genossenschaftlichen Bausparkasse noch um zehn Prozent zurückgegangen. Verbraucherschützer kritisieren daher die laufenden Kündigungen. "Hochverzinste Verträge werden aufgelöst mit der Begründung, es gehe nicht anders", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Wenn Bausparkassen gleichzeitig hohe Millionengewinne ausweisen, ist das für Kunden nicht nachvollziehbar."

Die Bausparkassen setzen nun darauf, dass Kunden neue Verträge abschließen, um sich die niedrigen Zinsen für künftige Bauvorhaben zu sichern. Schließlich sind die Renditen in den USA bereits gestiegen; in der Eurozone wird eine Zinswende in den nächsten Jahren diskutiert. Viele Immobilienbesitzer schließen jetzt Forward-Darlehen ab. Mit diesen Verträgen sichern sie sich eine Anschlussfinanzierung für ihren Baukredit bis zu fünf Jahre im Voraus. Über den Kreditvermittler Dr. Klein wurden im Februar so viele Forward-Darlehen wie nie zuvor abgeschlossen. "Erfahrungsgemäß steigt bei Kreditnehmern das Interesse an Forward-Darlehen, wenn sie steigende Zinsen erwarten", sagt Vorstand Michael Neumann.

© SZ vom 29.03.2017 / dpa/ikt - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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