Bauprojekt:Schwimmender Tunnel

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Touristen können die Fjorde Norwegens bislang nur mit Fähren überqueren - das dauert. Die Regierung will die Fahrtzeit mit einem Tunnelkonzept verkürzen.

Von Felix Reek

Wunderschöne Fjorde, raue Küsten und viel Natur - das ist Norwegen. Für Touristen bedeutet das aber auch: lange Stunden im Auto. Um die Strecke von Kristiansand im Süden des Landes bis nach Trondheim, das ungefähr in der Mitte Norwegens liegt, zurückzulegen, brauchen Reisende gute zehn Stunden. Grund dafür sind die sieben großen Fjorde entlang der Strecke, die zwar ein erhabener Anblick sind, aber mit Fähren überquert werden müssen. Sie sind zu breit oder zu tief für herkömmliche Brücken und Tunnel. Wie die Reisezeit verkürzt werden kann, darüber rätselt die norwegische Regierung schon seit Jahren.

Ein völlig neues Konzept soll das Problem jetzt lösen: schwimmende Tunnel, die zwischen Wasseroberfläche und Meeresgrund verlaufen. Das Konzept sieht zwei Röhren vor, eine je Fahrtrichtung, die an Pontons 30 Meter unter der Meeresoberfläche hängen. So bleiben sie präzise auf einer Höhe. Verbindungen zum Meeresgrund sorgen für zusätzliche Stabilität. Bald soll eine Testphase beginnen.

Das raue Wetter an der norwegischen Küste beeinflusst die unter Wasser schwimmenden Röhren nicht so stark wie herkömmliche Brücken, sagt Arianna Minoretti, eine der Ingenieurinnen des Projekts. Schiffe könnten den Bereich weiterhin passieren. Das ist insofern wichtig, weil die norwegische Marine dort Manöver durchführt. Und vor allem: Bewohner in entlegenen Gebieten wären nicht mehr vom Rest des Landes abgeschnitten. Bisher mussten sie zum Beispiel in Notfällen mit Hubschraubern in Krankenhäuser geflogen werden. Doch es gibt noch einiges zu klären. Bei den betreffenden Fjorden gibt es noch geologische Lücken. Denn es ist nicht überall klar, wie der Meeresboden beschaffen ist. Das weitaus größere Problem: Bisher hat noch niemand einen Unterwassertunnel dieser Art gebaut. Ein ähnliches Konzept für den Høgsfjorden bei Stavanger wurde 1989 wieder verworfen. Auch Projekte in Italien, den Vereinigten Staaten und Japan wurden nie umgesetzt. Es ist vollkommen unklar, wie sich Wind, Wasser und Wellen auf das Röhrensystem auswirken. Aus diesem Grund will Minoretti im Sognefjord einen ersten Testlauf starten. Dort seien vergleichbare Bedingungen, sagt sie.

Wenn alle diese Schwierigkeiten geklärt werden können, stimmt die norwegische Regierung über das 23 Milliarden Euro teuere Konzept ab. Umgesetzt werden soll es aber frühestens 2035.

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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