Baufinanzierungen:Keine Spur von Kreditklemme

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Trotz strengerer Regeln haben die Banken in Deutschland im vergangenen Jahr viele Baufinanzierungen an ihre Kunden vergeben. An das Rekordjahr 2015 kommen die Geldhäuser aber nicht heran.

Von Benedikt Müller, München

An das Rekordjahr 2015 kommen die Banken nicht ganz heran. Dennoch geht 2016 als das zweitstärkste Jahr in die Geschichte der Baufinanzierung in Deutschland ein. Von Januar bis Dezember haben die Banken gut 235 Milliarden Euro neu an Immobilienkäufer und Bauherren verliehen. Das geht aus der Kreditstatistik der Bundesbank hervor. Damit fiel das Neugeschäft zwar knapp vier Prozent kleiner aus als im Vorjahr. "Trotzdem bleibt die Vergabe von Baukrediten auf einem sehr hohen Niveau", sagt Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Sowohl die Banken als auch ihre Kunden haben zurzeit einen hohen Anreiz, Baufinanzierungen abzuschließen: Wer eine Immobilie kauft, muss im Schnitt weniger als zwei Prozent Zinsen pro Jahr zahlen. Zwar sind vielerorts auch die Kaufpreise gestiegen; dafür ist der Wohnungsbesitzer dann vor steigenden Mieten geschützt. Zudem erscheinen Immobilien als Geldanlage attraktiv, da Sparkonten oder Anleihen kaum noch Rendite abwerfen.

2016 war das zweitstärkste Jahr bei der Vergabe von Immobilienkrediten

Für die Banken wiederum ist die Baufinanzierung eines der wenigen großen Geschäftsfelder, mit denen sie noch Gewinne erwirtschaften. Denn wenn Banken die Ersparnisse ihrer Kunden nicht für die Kreditvergabe nutzen, sondern etwa bei der Zentralbank parken, müssen sie Strafzinsen zahlen. Umso härter konkurrieren Banken, Sparkassen und Versicherer nun um Neukunden in der Baufinanzierung. Zumal Kreditvermittler und Vergleichsportale den Markt transparent gemacht haben.

Im Frühjahr 2016 beklagten noch einige Sparkassen und Volksbanken, ihr Geschäft mit Immobilienkrediten sei eingebrochen, nachdem die Bundesregierung im März eine strengere Richtlinie für die Vergabe von Baufinanzierungen eingeführt hatte. Seitdem müssen Banken genauer prüfen, ob ein Schuldner die Kreditraten zurückzahlen kann; die Institute dürfen sich nicht darauf verlassen, dass der Wert der Immobilie stets die Restschuld übersteigen wird. "Doch der große Einbruch, den manche Banken beklagt haben, ist in den Kreditbeständen nicht festzustellen", sagt Ökonom Michelsen.

Verbraucherschützern sind nur wenige Fälle bekannt, in denen Kunden wegen der neuen Richtlinie keinen Baukredit bekommen haben. "Eine wirkliche Kreditklemme haben wir nicht beobachten können", sagt Frank-Christian Pauli von der Verbraucherzentrale Bundesverband.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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