Banken:Die Stunde der Sparer

Lesezeit: 2 min

Nach der Trennung von Mitarbeitern und Beteiligungen geht es bei vielen Banken wieder bergauf.

Von Helga Einecke

(SZ vom 07.08.2003) — Die deutschen Kreditinstitute sind aus dem Gröbsten heraus, bescheinigt ihnen der Chef der Allfinanzaufsicht Jochen Sanio. Nach Jahren häufig vergeblicher Bemühungen um Übernahmen, Fusionen und Kooperationen wird nun im eigenen Haus aufgeräumt.

Über 40.000 Arbeitsplätze hat dies in eineinhalb Jahren bereits gekostet. Auf der Tagesordnung steht die Trennung von Beteiligungen. Die Deutsche Bank versilberte zuletzt Anteile an MG Technologies, Buderus und der Allianz. Die HypoVereinsbank verkaufte die Norisbank, die niederländische FGH Bank und brachte Teile der Bank Austria an die Börse.

Die Commerzbank zog sich - wie andere Großbanken zuvor — als Anteilseigner der Deutsche Börse AG zurück, ebenso beim französischen Crédit Agricole und bei Buderus. Die Westdeutsche Landesbank (WestLB) stellt die Trennung vom Reiseveranstalter TUI in Aussicht.

Die Börse honoriert diese Rückbesinnung auf eigene Stärken. Seit dem Tiefststand Mitte März haben sich die Kurse der Großbanken kräftig erholt. Das war dringend nötig, wurden einige Geldhäuser doch unter ihrem Buchwert gehandelt. Die Aktienhändler mögen ihrer Zeit voraus sein, die Rating-Agenturen kennen kein Erbarmen.

Sie stufen die Noten sofort herunter, wenn das Management versagt. Denn die Schwierigkeiten sind hausgemacht. Aufgeblähte Kreditgeschäfte, falscher Umgang mit Risiken, teure Ausflüge ins Investmentbanking und zu langes Zögern beim Kostenmanagement ist der Finanzelite vorzuwerfen. Der Einbruch der Börsenkurse und die flaue Konjunktur haben diese Schwäche nur offen zu Tage treten lassen.

Deutsche Bank bleibt vorn

Selbst die erholten Aktienkurse zeigen, dass die wenigen an der Börse notierten deutschen Banken international keine Bedeutung haben, abgesehen von der Deutschen Bank. Und selbst die muss sich mit einem Börsenwert von 30 Milliarden Euro vorsehen, um nicht geschluckt zu werden.

Die große Citigroup etwa wird auf 230 Milliarden Dollar taxiert, JP Morgan Chase mit rund 70 Milliarden Dollar. Etliche europäische Konkurrenten wie das Schweizer Duo UBS (100 Milliarden Euro) und Credit Suisse (50 Milliarden Euro), die britische Hongkong& Shanghai Bank (80 Milliarden Euro) oder die Royal Bank of Scotland (50 Milliarden Euro) sowie Geldhäuser in Frankreich, Spanien und den Niederlanden bringen mehr Aktienkapital als die Deutsche Bank auf die Waage.

Dem Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, kann es keine ausreichende Genugtuung bereiten, dass sein Haus unangefochten die Nummer eins in Deutschland ist und ordentliche Gewinne ausweist. Im Jahr 2002 folgten gemessen an der Bilanzsumme die HypoVereinsbank und die Commerzbank.

Neue Hackordnung

Die von der Allianz-Versicherung übernommene Dresdner Bank ist nicht nur vom Kurszettel der Börse verschwunden, sondern auch auf Platz vier gerutscht. Die drei Frankfurter Großbanken sind im Vergleich zur Münchner Konkurrenz geschrumpft, weil sie ihre Immobilienfinanzierungen zur Eurohyp AG verschmolzen haben.

Bei den Sparkassen gibt es durch die Aufspaltung der WestLB eine neue Hackordnung. Die größte Landesbank sitzt nun in München, die zweitgrößte in Stuttgart. Im genossenschaftlichen Lager dominiert die DZ Bank, die sich gerade die Norisbank einverleibt hat.

Die Sparkassen und Volksbanken blieben von der großen Krise nicht verschont, auch wenn dies durch ihre Stärken im Geschäft mit privaten Kunden und einem traditionellen Allfinanzkonzept weniger sichtbar ist.

Das Fehlengagement der WestLB beim britischen Fernsehverleiher Box Clever hat zu hohen Verlusten geführt, der Vorstand musste zurücktreten. Die DZ Bank rutschte 2002 in die roten Zahlen und schulterte hohe Wertberichtigungen. Abgesehen von der Norisbank gibt es zwischen den privaten, öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Banken bislang wenig gemeinsame Interessen. Deren starre Trennung voneinander gilt als Haupthindernis für eine Bereinigung des Bankenmarktes.

Aber die Bankenkrise kennt auch Gewinner: Die Diba Allgemeine Deutsche Direktbank legte ein stürmisches Wachstum hin, auch die auf Autokredite oder Ratenkredite spezialisierten Banken holten auf. Sie zeigen den anderen, wo die Gewinnquellen in Zeiten schwacher Börsen liegen: im Privatkundengeschäft.

Das entdecken die großen Banken, die das Mengengeschäft bisher vernachlässigt haben, gerade erst wieder neu.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: