Balzac Coffee:Pionierin in Sachen Kaffeehaus

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Vanessa Kullmann hat die deutsche Kaffeehauskultur entstaubt und 27 Coffeeshops eröffnet. Anfangs schmierte sie die Sandwiches noch selbst - nun wird sie zur Unternehmerin des Jahres gekürt.

Kristina Läsker

Kaffee ist der Deutschen liebstes Getränk. Etwa 156 Liter trinkt jeder Mensch hierzulande pro Jahr, weit mehr als Bier (121 Liter) oder Mineralwasser (118 Liter).

Beeindruckt mit Hartnäckigkeit: Vanessa Kullmann. (Foto: Foto: Balzac)

Bis Ende der neunziger Jahre ging es dabei anspruchslos zu: "Wir servieren Bohnenkaffee" oder "Draußen nur Kännchen" hieß es in vielen Cafés. Dass die Deutschen heute für einen guten Latte Macchiato nicht mehr bis nach Italien fahren müssen, verdanken sie einigen Pionieren, die die deutsche Kaffee-Leidenschaft zu Geld machten.

Zu ihnen gehört Vanessa Kullmann. Die gebürtige Hamburgerin war 24 Jahre alt, als ihr die Idee kam, in Deutschland einen Coffeeshop nach amerikanischem Vorbild hochzuziehen. Das war 1996, Kullmann arbeitete nach Abitur und Textilfachschule als Stylistin in New York - und besuchte regelmäßig den Coffeeshop Starbucks.

Erster Laden 1997

Zurück in Hamburg, gründete Kullmann im Herbst 1997 die Balzac Coffee GmbH - und eröffnete in den Colonnaden an der Alster ihren ersten Laden.

Coffee-to-go in Pappbechern verstieß damals zwar gegen hanseatische Etikette, doch Kullmann kümmerte das wenig. "Die Zeit war reif, die Kaffeehauskultur in Deutschland verstaubt", sagte sie - und sollte recht behalten.

Heute, neun Jahre später, ist die Coffeeshop-Mode längst nach Deutschland geschwappt; Starbucks, Segafredo, Lavazza & Co konkurrieren um Kunden. Und der Pionier Balzac mischt weiter mit, zumindest in Norddeutschland.

Kaum mehr Zeit für Thekenarbeit

27 Balzac-Cafés gehören zum Stadtbild von Hamburg, Berlin, Hannover und Lübeck, 350 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit arbeiten für die 33-jährige Kullmann, die kaum mehr die Zeit hat, selbst hinter der Theke zu verkaufen.

Längst vergangen sind auch die Zeiten, in denen Kullmann in 15-Stunden-Tagen für ihre Läden selbst buk und Sandwichs schmierte; heute liefert eine Bäckerei Muffins, Donuts und Bagels.

Kullmann musste auch Rückschläge durchstehen: Die Expansion nach Süddeutschland ging daneben: Ein Café in München musste sie wieder schließen.

Ihren Optimismus bremste das aber kaum, bis zu 15 neue Läden will sie in den kommenden zwei Jahren eröffnen. Dafür hat sie sich einen finanzkräftigen Partner geangelt: der Fonds Grainville Baird Capital Partners stieg 2002 mit einer Minderheitsbeteiligung ein und gab drei Millionen Euro zur Expansion.

Positives Ergebnis

Künftig könnte der Umsatz also weiter klettern, 2005 stiegen die Erlöse auf 11,9 Millionen Euro; unterm Strich sei das Ergebnis positiv gewesen.

Aufgebaut hat die Hamburgerin ihre Firma überwiegend mit Fremdkapital: 90.000 Euro gewährte die Deutsche Ausgleichsbank als Existenzgründerdarlehen, später unterstützte die Hamburger Sparkasse mit Krediten.

Entscheidend war die Familie. Als stille Teilhaberin stieg gleich zu Beginn die ältere Schwester Natalia mit ein, ökonomischen Rat gab's vom Vater, der ehemals im Vorstand des Otto-Versands saß. Kämpfen musste Kullmann trotzdem, insbesondere mit dem deutschen Paragrafendschungel, "meiner größten Frustquelle".

Weitergebildet

Die dürfte auch ein Auslöser gewesen sein, dass sie sich nochmals weiterbildete. Von 1999 bis 2002 absolvierte sie ein zweijähriges Studium in Systemgastronomie in Amerika - ihre Shops sah sie in der Zeit fast nur in den Semesterferien.

In Hamburg hat ihr soviel Engagement bereits einen Gründerpreis eingebracht, nun geht die Ehrung weiter: Am Montagabend wählte sie Veuve Clicquot zur "Unternehmerin des Jahres 2006".

Beeindruckt zeigte sich das Champagnerhaus vor allem von der Hartnäckigkeit, mit der sich die junge Frau gegen finanzstarke Wettbewerber durchsetzt - und ehrte die "gestalterische und dynamische Leistung bei der Erschaffung eines Unternehmens".

© SZ vom 16.05.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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