Bahnstreik in Frankreich:Jede fünfte Métro kam

Lesezeit: 2 min

Auch in Frankreich steht der Bahnverkehr weitgehend still. Die Gewerkschaften wollen den ersten großen Arbeitskampf unter Präsident Sarkozy jedoch begrenzen.

Gerd Kröncke, Paris

Das Verkehrschaos ist eingetroffen, die Pariser Métro steht weitgehend still, die Lokomotiven bleiben in den Depots. Frankreich erlebt den ersten großen Arbeitskampf, seit Nicolas Sarkozy zum Präsidenten gewählt wurde. Und doch ist manches anders als bei früheren Ausständen.

Nicht nur Sarkozys Regierung, angeführt von Premierminister François Fillon und Arbeitsminister Xavier Bertrand, versuchte die Streiks bis zum letzten Moment zu verhindern. Auch die Gewerkschaften zeigen sich zögernd gesprächsbereit. Bernard Thibault, Führer der mächtigsten Gewerkschaft CGT, hatte noch, bevor der Streik richtig begann, ein Gesprächsangebot vorgetragen, das von der Regierung nicht abgelehnt wurde.

Thibault will trilaterale Verhandlungen akzeptieren. Offenbar möchte der Gewerkschaftsführer den Konflikt begrenzen. Die Reform der Régimes spéciaux, der Sonderregelungen bei den Renten für bestimmte Berufszweige, soll nicht global, sondern für die betroffenen Unternehmen einzeln verhandelt werden. Von vornherein sollten Gewerkschaften, Arbeitgeber und Vertreter des Staates an einem Tisch sitzen.

Claude Guéant, Generalsekretär des Elysée, erklärte in der Tageszeitung Le Monde, Thibaults Geste trage dazu bei, "dass sich die Krise vom ersten Tag entspannen könnte". Auch Premierminister Fillon gab sich in einem Interview "zufrieden" über den versöhnlicheren Ton der CGT, die bisher auf Verhandlungen mit dem Staat bestanden hatte.

Allerdings ist es möglich, dass die Basis nicht mitzieht. Am Pariser Bahnhof Saint Lazare beschlossen am Mittwoch etwa 160 Eisenbahner einstimmig eine Verlängerung des Streiks.

Außer der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF, bei der sich am "schwarzen Mittwoch" 65 Prozent der Belegschaft am Streik beteiligten, waren auch der städtische Busverkehr und die Pariser Métro betroffen. Immerhin verkehrte auf den meisten Linien jede fünfte U-Bahn.

Auch der Vorortverkehr war erheblich gestört, kam aber nicht zum Erliegen. Im Stadtbild von Paris war der Streik besonders bemerkbar. Zehntausende machten sich am Mittwochmorgen zu Fuß auf den Weg zur Arbeit. Autos verstopften die Stadt.

Wie schon am 18.Oktober, dem vorangegangenen Streiktag, kam es zu ungeheuren Staus auf den Zufahrtsstraßen. Im Großraum Paris standen am Mittwochmorgen die Autos zeitweise auf 200 Kilometern Länge. Arbeitnehmer bildeten Fahrgemeinschaften.

Betroffen war auch der überregionale Verkehr. Von den 700 TGV-Hochgeschwindigkeitszügen fuhren nur 90. Der Eurostar, der ausgerechnet am Mittwoch den Verkehr zwischen Gare du Nord in Paris und Saint Pancras in London aufnahm, blieb dagegen zunächst unbehelligt.

Nach Umfragen sowohl des regierungstreuen Figaro als auch der linken Libération hält die Mehrheit der Franzosen die Streiks für ungerechtfertigt.

© SZ vom 15.11.2007/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: