Bahnstrecke Berlin-Hamburg:Schneller als der "Fliegende Hamburger"

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Mit dem Fahrplanwechsel vom 12. Dezember an schafft der ICE künftig die Strecke zwischen den beiden größten Städten Deutschlands mit 230 Stundenkilometern in 90 Minunten. Erst damit wird der ICE deutlich schneller als der "Fliegende Hamburger", der die 286 Kilometer zwischen 1933 und 1957 in nur 138 Minuten bewältigte.

Der "Fliegende Hamburger" war der erste Dieseltriebwagen der Deutschen Reichsbahn. Von 1933 bis 1957 fuhr er die 286 Kilometer zwischen Berlin und Hamburg mit 160 Stundenkilometer in nur 138 Minuten. Eine Zeit, die erst 1997 mit dem Intercity-Express (ICE) der Deutschen Bahn AG (DB) wieder erreicht wurde.

Techniker der Bahn überwachen eine Messfahrt mit dem Messzug ICE-S auf der "ertüchtigten" Bahntrasse zwischen Berlin und Hamburg in der Nähe von Ludwigslust. Bei seiner Fahrt nimmt der mit Hightech vollgestopfte Sonderzug jede noch so kleine Unregelmäßigkeit an Oberleitung, Gleisbett und Schienenstrang wahr, Elektronik misst Laufverhalten und Stromabnahme und zeichnet die Mess-Daten analog und digital auf. (Foto: Foto: dpa)

Vom Fahrplanwechsel am 12. Dezember an - 160 Jahre nach dem Baubeginn für die Strecke - wird der "Fliegende Zug" von einst noch übertrumpft: Mit dann 230 Stundenkilometer schafft der ICE die Verbindung in 90 Minuten.

"Das ist Spitze auf einer Ausbaustrecke in Deutschland. Bisher war bei Tempo 200 Schluss", sagt die Schweriner Bahn-Sprecherin Edith Vahl. Bis Ende Oktober werden die "ertüchtigten" Gleise auf Herz und Nieren geprüft mit einem Unikat der DB, dem Messzug ICE-S.

Dieses "Kraftpaket" hat 13.000 PS und kann auf sechs Kilometern von 0 auf 300 beschleunigen. Dabei nimmt der mit Hightech voll gestopfte Sonderzug jede noch so kleine Unregelmäßigkeit an Oberleitung, Gleisbett und Schienenstrang wahr, misst Laufverhalten und Stromabnahme, zeichnet die Mess-Daten analog und digital auf.

"Extreme Ausschläge auf dem Schrieb weisen auf Problemzonen hin", erklärt Versuchsleiter Frank Siebenhaar die Zickzack-Kurven auf einer Druckfahne.

"Hier, bei Kilometer 180, da müssen die Bautrupps mit Sicherheit noch mal ran!" Gemeint ist eine Weiche zwischen Ludwigslust und Hagenow, an der der Zug einen kaum wahrzunehmenden, aber doch gut messbaren "Hopser" vollführte. Ansonsten benötige der jetzt überprüfte Streckenabschnitt allenfalls noch "leichte Kosmetik", um frühzeitigen Verschleiß an kritischen Punkten zu vermeiden, schätzt der Experte.

200 Messfahrten

Etwa die Hälfte der Bahnstrecke ab Berlin ist "durchgemessen". Am 22. Oktober sollen die Prüffahrten in Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossen sein und dann in Schleswig-Holstein und Hamburg fortgesetzt werden. An die 200 dieser Messfahrten auf insgesamt neun Test-Abschnitten seien nötig, erklärt Siebenhaar.

Gefahren werde stets handgesteuert mit bis zu 253 Stundenkilometern. Dieses Tempo ergebe sich aus dem Regelwerk der Bahn, das für Tests einen "Sicherheitspuffer" von zehn Prozent über der normalen Reisegeschwindigkeit vorsehe, erklärt Lokführer Friedel Luhmann aus Minden, der seit zwölf Jahren nichts anderes fährt als Messzüge.

Insgesamt 650 Millionen Euro investierte der Bund in den vergangenen vier Jahren, um die Strecke Berlin-Hamburg "fit" zu machen und damit wenigstens teilweise Ersatz für die nicht gebaute Magnetschwebebahn Transrapid zu schaffen.

Untergrund stabilisiert

Unter anderem wurden 52 Bahnübergänge durch sichere Brücken und Tunnel ersetzt, der Untergrund im moorigen Havelland stabilisiert und der Eisenbahnknoten Wittenberge (Brandenburg) für 76 Millionen Euro komplett umgebaut.

Wermutstropfen für Mecklenburg-Vorpommern: Auf 75 Kilometern rast der beschleunigte ICE ab Mitte Dezember zwar durch das nordostdeutsche Bundesland, doch allenfalls früh morgens wird er einmal in Ludwigslust stoppen.

"Jeder Halt verlängert die Fahrzeit um 15 Minuten", erklärt der Bahn-Bevollmächtigte Horst Gibtner. Ziel sei es aber, mit dem "Sprinter" zwischen den größten deutschen Metropolen dem Flugzeug wie auch den Autobahnen Konkurrenz zu machen. "Jede Zeitverkürzung bedeutet für uns einen Zuwachs an Fahrgästen", hofft Gibtner.

Der neue "Fliegende Zug" solle vor allem Geschäftsreisende zurück auf die Schiene locken.

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