Bahnchef dementiert:"Ein ganz großer Unsinn"

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Bahn-Vorstandsvorsitzender Hartmut Mehdorn hat dementiert, dass in seinem Unternehmen weitere 40000 Stellen gestrichen werden sollen.

Ulf Brychcy

"Das ist ein ganz großer Unsinn, und ich weiß gar nicht, wie man auf die Zahl kommt", sagte Mehdorn in Berlin. Zuvor hatte das Handelsblatt gemeldet, dass die Zahl der 210.000 Bahn-Beschäftigten um mehr als 40.000 reduziert werden könne.

Hartmut Mehdorn versucht den Bahn-Konzern durch schwierige Zeiten zu steuern. (Foto: dpa)

Das Blatt berief sich auf angebliche Äußerungen von Mehdorn, die dieser am Rande einer Bahnkonferenz in London gemacht habe.

Die Bahn hatte allein in den vergangenen zehn Jahren bereits 170.000 Arbeitsplätze gestrichen. Das Handelsblatt zitierte Mehdorn mit den Worten: "Aber wir sind nicht am Ende und wir glauben, dass wir noch einmal 20 Prozent weniger Mitarbeiter haben können."

Der Abbau werde vor allem die Verwaltung treffen, habe Mehdorn in London erklärt. Einen Zeitplan gebe es nicht.

Das Dementi aus der DB-Konzernzentrale erfolgte prompt. Mehdorn betonte, dass die Bahn ihre Effizienz steigern wolle, um wettbewerbsfähig zu sein. Die Kosten müssten deshalb jährlich um vier Prozent gesenkt werden. Dies sei nicht neu und auch mit den Gewerkschaften abgestimmt. "Wir reden über Kosten, nicht über Köpfe", ergänzte ein Unternehmenssprecher.

Andere Möglichkeiten

Es gebe auch andere Möglichkeiten, die Produktivität zu erhöhen und die Kosten zu senken. Mehdorn habe lediglich erklärt, dass es vorstellbar sei, das Geschäft in einigen Jahren auch mit zehn bis 20 Prozent weniger Personal zu bewältigen, stellte der Sprecher fest.

Bei der Bahn sind bis Ende 2004 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Der Bahnvorstand, aber auch die Gewerkschaften wollen diesen Beschäftigungspakt bis Ende 2006 verlängern.

Beide Seiten reden wieder miteinander

Eine Verlängerung bis 2007 war zunächst nach einem Streit zwischen Konzern und Gewerkschaften über neue Tarifregeln im Regionalverkehr gescheitert. Inzwischen reden aber beide Seiten wieder miteinander. "Wir sind mit den Gewerkschaften auf gutem Weg", sagte der Sprecher.

Die Bahngewerkschaft Transnet reagierte allerdings nervös auf die Personalspekulationen. "Wir werden am Montag mit der Bahnspitze über dieses Thema sprechen", teilte Transnet mit.

Die Gewerkschaft befürchtet seit langem den Abbau von rund 37.000 Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2007. Dies hatte die Bahn stets dementiert.

Vernünftiger Preis

Zum anhaltenden Streit mit der Bahnindustrie angesichts zahlreicher technischer Pannen neu ausgelieferter Züge erklärte Mehdorn laut "Handelsblatt", die Industrie müsse künftig neue Züge zum halben Preis anbieten. "Wir kaufen nur noch zu einem vernünftigen Preis, sonst bestellen wir anderswo." Die Bahnindustrie müsse erkennen, dass nicht an jedem Zug andere Griffe nötig seien.

Mehdorn habe zugleich einen Bericht des Wirtschaftsmagazins Capital als Unsinn zurückgewiesen, wonach der Bahn laut einer internen Risikoanalyse im laufenden Jahr ein Rekordverlust von rund 1,2 Milliarden Euro drohe. "Natürlich gibt es Risiken, aber das sind ja nicht gleich Verluste", wurde Mehdorn zitiert. Sein Konzern sei verpflichtet, solch einen Risikobericht zu erstellen.

"Sehr wahrscheinliche Belastungen"

Capital hatte ferner berichtet, dass durch zusätzliche, "sehr wahrscheinliche Belastungen" - etwa durch die konjunkturelle Entwicklung, Betriebsstörungen oder Projektrisiken wie beim neuen Bahnknoten in Berlin - sogar ein operativer Verlust von 2,5 Milliarden Euro nicht ausgeschlossen sei.

Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Belastungen tatsächlich eintreten, wird laut Capital in der vertraulichen Bahn-Studie mit 70 Prozent beziffert. Bisher rechnet die Bahn für 2003 offiziell mit einem operativen Verlust von rund 220 Millionen Euro und 2004 wieder mit Gewinnen.

(sueddeutsche.de/dpa)

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