Bahn-Privatisierung:Schwere Vorwürfe der Konkurrenz

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Der Streit zwischen der Deutschen Bahn und dem Privatanbieter Connex nimmt neue Formen an. Connex behauptet, das Staatsunternehmen habe öffentliche Mittel für den Nahverkehr indirekt für die Fernzüge eingesetzt.

(SZ vom 22.7.2003) — Der Streit zwischen dem privaten Zugbetreiber Connex und der Deutschen Bahn (DB), die um lukrative Nahverkehrsaufträge der Bundesländer konkurrieren, spitzt sich zu.

Connex wirft dem Staatsunternehmen DB vor, die stark defizitären Fernverbindungen indirekt mit Landesmitteln für den Regionalverkehr zu unterstützen.

Regionalzügen werde vom DB-Konzern ein überproportional hoher Nutzungspreis für die Schienentrassen berechnet, der bei einem Vielfachen dessen liege, was ein ICE im Fernverkehr zahlen müsse, behauptet Connex bei einem Grundsatzverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg.

Der Vorwurf: Zweckentfremdung von Regionalisierungsmitteln

"Die zur Finanzierung des Regionalverkehrs gedachten Regionalisierungsmittel werden damit zur Quersubventionierung des DB-Konzerns zweckentfremdet." Die DB Regio AG sei damit zur Hauptfinanzierungsquelle des DB-Konzerns geworden, trägt Connex vor.

Connex lässt derzeit gerichtlich prüfen, ob ein langjähriger, bis 2012 geltender Verkehrsvertrag zwischen dem Land Brandenburg und der DB zulässig ist. Das OLG Brandenburg verhandelt an diesem Dienstag darüber, ob das Land wesentliche Teile seines regionalen Schienenverkehrs ohne Ausschreibung an die Deutsche Bahn vergeben darf.

Das erste höchstrichterliche Urteil in dieser Sache dürfte Pilotwirkung haben. Andere Länder wie Bayern wollen ebenfalls langfristige Verträge mit der DB schließen. Die Länder zahlen jährlich 4,5 Milliarden Euro für die Regionalzüge. Hinzu kommen ein bis 1,4 Milliarden Euro, die als Investitionsmittel aus öffentlichen Kassen in den Nahverkehr fließen.

DB weist Vorwürfe zurück

Die DB weist die Vorwürfe zurück. Der von Connex gestellte Nachprüfungsantrag gegen das Land Brandenburg sei unzulässig. Da die Landesmittel für den Regionalverkehr Subventionen seien, liege "kein öffentlicher Auftrag im Sinne des europäischen Vergaberechts vor".

Das mit dem Land vereinbarte Abkommen sei ein konzessionsähnlicher Zuschussvertrag. Der von Connex geforderte Nachprüfungsantrag sei "querulatorisch", so die DB.

Connex, ein Tochterunternehmen des französischen Mischkonzerns Veolia (vormals Vivendi), bewertet die Auftragsvergabe an die DB als rechtswidrig. Der Wettbewerb auf der Schiene werde stark eingeschränkt.

Die wirtschaftlich ertragreichen Strecken in Brandenburg mit hohem Fahrgastaufkommen gingen an die DB, die ihr Quasimonopol für mindestens zehn Jahre zementieren könne, lautet der Vorwurf von Connex. Lediglich einige unbedeutende Nebenstrecken etwa in Ostbrandenburg würden ausgeschrieben.

Mit dieser "Wettbewerbskosmetik" könnten die Privatbahnen auch in anderen Ländern zurückgedrängt werden, befürchtet der größte Konkurrent des Staatsunternehmen DB.

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