Bahn:Mehr Geld zurück bei Verspätungen - auch bei Regionalzügen

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Bahnfahrer sollen nach dem Willen des EU-Parlaments großzügiger entschädigt werden - allerdings dürfte das noch dauern.

Nadine Stern

Wenn es nach dem Europaparlament geht, sollen nach den Flugpassagieren künftig auch Bahnreisende in der EU großzügig entschädigt werden. Bei Verspätungen von mindestens einer Stunde sollen sie maximal 75 Prozent des Ticketpreises zurückverlangen können.

Das sieht ein Gesetzentwurf vor, der an diesem Mittwoch in erster Lesung verabschiedet werden soll. Die geplanten Kundenrechte sind Teil des so genannten Dritten Eisenbahnpakets, das auch europäischen Wettbewerb für den Personenverkehr auf den Bahnschienen zulassen soll.

Der Verkehrsausschuss des Parlaments sieht je nach Länge der Verspätung gestaffelte Entschädigungen vor, die weit über das hinausgehen, was die Deutsche Bahn derzeit anbietet. Bei mehr als einer Stunde sollen die Kunden 25 Prozent, bei mehr als zwei Stunden die Hälfte und bei mehr als drei Stunden 75 Prozent des Fahrpreises erstattet bekommen.

Bahn sieht "umweltfreundlichen Schienenverkehr" in Gefahr

Auch Reisende mit Monats- oder Jahreskarten sollen die Möglichkeit haben, ihr Geld zurückzuverlangen. Und dies bei häufigen Verspätungen sogar dann, wenn der Zug weniger als eine Stunde auf sich warten lässt.

Bei der Deutschen Bahn besteht für Kunden in Deutschland seit 2004 ein Rechtsanspruch auf die Rückerstattung von 20 Prozent des Ticketpreises bei Verspätungen von über einer Stunde. Dies bezieht sich aber nur auf Fernzüge. Außerdem ist es für die Kunden nicht immer einfach, ihre Forderungen durchzusetzen.

Das europäische Gesetz würde nach dem Willen des Parlaments den Anspruch auf Regionalzüge ausweiten.

Die Deutsche Bahn fürchtet dadurch Kostenbelastungen. "Wir sehen die Gefahr, dass der umweltfreundliche Schienenverkehr aufgrund von bürokratischen und finanziellen Belastungen noch stärker ins Hintertreffen gerät", sagte ein Sprecher der Süddeutschen Zeitung.

Ein ähnliches EU-Gesetz garantiert seit Anfang des Jahres Flugpassagieren bei Verspätungen oder Ausfällen das Recht auf Entschädigung. Bei Bahnreisen sah der ursprüngliche Vorschlag der Kommission eine Beschränkung auf grenzüberschreitende Fahrten vor.

Das Parlament will die Regelung auf Inlandsfahrten ausweiten. "Es macht wenig Sinn, wenn bei einem verspäteten Zug aus Köln ein Reisender, der bis Aachen fährt, nichts bekommt, während sein Nebenmann den Preis zurückerhält, nur weil er bis Brüssel fährt", sagte SPD- Parlamentarier Ulrich Stockmann.

Die Regelungen zur Kostenerstattung sind Teil des Dritten Eisenbahnpaketes. Ein weiterer Kernpunkt ist der freie Wettbewerb unter europäischen Bahnunternehmen, die Personen befördern. Für den Güterverkehr ist der Markt seit 2004 offen. "In Deutschland fahren schon jetzt mehr ausländische Eisenbahnunternehmen, als in jedem anderen europäischen Land", erklärte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Deswegen sei dieser Teil des Gesetzes kein Problem.

Nach der ersten Abstimmung im Parlament sind jetzt die EU-Verkehrsminister im Ministerrat am Zug. Danach geht das Paket zur zweiten Lesung wieder ans Parlament. Nach Aussage von Parlamentariern könnten noch zwei Jahre vergehen, bis die deutschen Kunden in den Genuss der erhöhten Entschädigungssummen kommen.

© SZ vom 28.09.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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