Babynahrung:Humana räumt Fehler bei der Herstellung ein

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In Israel sind mehrere Babys an Vitaminmangel gestorben: Auf Grund falscher Berechnungen war zu wenig Vitamin B1 in der Fertignahrung enthalten.

"Wir schaffen Lebensqualität" - mit diesem Motto trat die Firma Humana vor wenigen Wochen auf der Lebensmittel-Messe Anuga in Köln auf. Nun allerdings ist das Unternehmen, nach eigenen Angaben einer der zehn größten Milchlieferanten Europas, in einen tödlichen Skandal verwickelt.

In Israel, einem der 30 weltweiten Export-Ziele von Humana, sind drei Säuglinge gestorben, rund 20 weitere sind bisher erkrankt. Allen fehlte das lebenswichtige Vitamin B1. Nun musste das Unternehmen einräumen, dass wegen falscher Berechnungen in seiner Baby-Milch eben dieses Vitamin fehlte.

Entwarnung daher in Israel, wo laut Rundfunkberichten bereits die Geheimdienste ermittelten. Hinter dem Tod der Säuglinge verbirgt sich offenbar keine anti-jüdische Sabotage - sondern tödliche Schlamperei.

Versäumnisse in der Prozesskontrolle

Höchstens 37 Mikrogramm des Vitamin B1 sind in 100 Gramm der Fertignahrung enthalten. Gerade einmal ein Zehntel der auf der Packung ausgewiesenen 385 Mikrogramm des Vitamins.

Und auch der EU-Richtwert von 120 Mikrogramm wird dadurch ganz deutlich unterschritten. Die vom Unternehmen veröffentlichte Presseerklärung ist eine Liste schwerster Nachlässigkeiten.

Bei der Entwicklung der Milch - die aus zwei bereits bekannten Rezepturen erzeugt wurde - seien die Analyseergebnisse falsch interpretiert worden. Soll heißen: Der Vitamin-B1-Gehalt wurde zu hoch berechnet. Am 21. März wurde routinemäßig eine Probe des neuen Produkts entnommen.

Doch "aufgrund eines Versäumnisses in der Prozesskontrolle" sei diese Probe nicht vollständig untersucht worden. "Es ist unterblieben, die Vitaminanalyse erneut anzufordern", heißt es.

Bis zum Montag hatte die Firma noch erklärt, die israelischen Ergebnisse, wonach in der Milch kein Vitamin B1 sei, könnten nicht zutreffen. Doch die Menschen in Israel waren bereits alarmiert. Die großen Zeitungen widmeten ihre Schlagzeilen dem Verdacht. Tausende Eltern brachten ihre Kinder am Dienstag in die Krankenhäuser. Dort wurden ihnen bei Bedarf Zusatzdosen des Vitamins verabreicht.

Humana reagiert rasch

Und die Polizei schaltete laut Rundfunkberichten die Geheimdienste ein. Der Verdacht: Sabotage und ein anti-jüdischer Angriff auf das israelische Volk. Die verdächtige Säuglings-Milch "Remedia Super Soya 1" wird nur für Israel hergestellt, wo sie von der Humana-Tochterfirma Remedia vertrieben wird.

Rabbiner wachen streng über das Spezial-Rezept, das nach den religiösen Vorschriften für koschere Nahrung hergestellt wird. Dieser Umstand ließ die israelischen Behörden misstrauisch werden: "Das weckt den Verdacht, dass es sich hierbei um einen Akt anti-jüdischer Bösartigkeit handeln könnte", zitierte der israelische Rundfunk einen ranghohen Beamten des Gesundheitsministeriums in Jerusalem.

Laut israelischem Rundfunk wurde der Sitz von Remedia in dem Ort Rischon Lezion bei Tel Aviv durchsucht und Mitarbeiter befragt. Der Generalstaatsanwalt prüfe Ermittlungen wegen Fahrlässigkeit gegen Humana.

Humana selbst hatte nach den ersten Meldungen am Wochenende sofort eigene Untersuchungen ein. Parallel schaltete das Unternehmen das Umweltministerium in Düsseldorf ein, das seine Lebensmittelchemiker ausschickte.

Am Montagabend teilte Humana mit, ein erstes Zwischenergebnis habe gezeigt, dass die Soja-Milch sehr wohl Vitamin B1 enthalte. "Allein die Zutaten weisen einen natürlichen Gehalt an Vitamin B1 auf", hieß es in einer Erklärung. Das war nicht falsch.

Vitamin B1 war tatsächlich in der Milch - viel zu wenig allerdings. "Wir stehen vor einer einmaligen Verkettung unglücklicher Umstände", konnte ein Vorstandssprecher am Dienstag nur noch erklären.

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