Aventis:Schröder und Chirac schwören Enthaltsamkeit

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Bundeskanzler Schröder ist es nicht gelungen, den französischen Präsidenten Chirac als Verbündeten gegen eine feindliche Übernahme des Pharmakonzerns Aventis durch die französische Arzneifirma Sanofi-Synthélabo zu gewinnen.

Die Regierungen vereinbarten, sich nicht in den Übernahmekampf einzumischen. Das sei "Marktgeschehen, auf das die Politik keinen Einfluss hat", sagte Gerhard Schröder am Montag nach Gesprächen mit Jacques Chirac im brandenburgischen Genshagen.

Beide Politiker betonten aber, dass die 9000 Aventis-Arbeitsplätze in der Produktion und den Forschungszentren in der Region Frankfurt am Main erhalten bleiben müssten.

In Frankreich gilt es als offenes Geheimnis, dass die Regierung starke französische Firmen wünscht und eine Fusion der kleineren Sanofi mit dem weltweit fünftgrößten Pharmakonzern Aventis daher eher begrüßen würde.

"Freundschaftlich — nicht feindlich"

Sanofi hat ein feindliches Übernahmeangebot für Aventis gemacht. Der Konzern will den Konkurrenten für rund 47 Milliarden Euro in Aktien und in bar kaufen. Chirac sagte zu dem Übernahmeangebot: "Das ist eine reine Sache zwischen den Unternehmen."

Eine Entscheidung der Regierung sei nicht zu erwarten. Chirac würdigte die Erklärung des Sanofi-Vorstandes zum Erhalt der Arbeitsplätze bei Aventis.

Nach den Worten Schröders ist es "prinzipiell zu begrüßen", wenn deutsche und französische Unternehmen zusammenarbeiten, um auf den Weltmärkten stärker zu sein. Dies sollte aber "freundschaftlich und nicht feindlich" organisiert werden.

Einen Tag vor Bekanntgabe der EU-Finanzplanung für die kommenden Jahre bekräftigten Schröder und Chirac ihren Widerstand gegen eine Aufstockung des Budgets. Paris und Berlin seien "miteinander der Auffassung, dass die Position, die wir in unserem gemeinsamen Brief zusammen mit anderen eingenommen haben, die jedenfalls für unsere Politik weiterhin verbindlich bleiben wird", betonte Schröder.

Im Dezember hatten sechs EU-Staaten eine Begrenzung der Ausgaben auf dem aktuellen Niveau von etwa einem Prozent gefordert. Die EU-Kommission will dagegen die seit 1993 beschlossene, aber bisher nicht ausgenutzte Ausgabenobergrenze des EU-Haushalts von 1,24 Prozent des Bruttonationaleinkommens von 2007 bis 2013 ausschöpfen.

Nach den deutsch-französischen Konsultationen flog der Kanzler zu einem Treffen mit dem derzeitigen EU-Ratspräsidenten Bertie Ahern nach Dublin. Chirac und der Kanzler kamen überein, dass Schröder dort auch die französische Position vertritt. Damit bekräftigten sie ihre gemeinsame Linie beim Thema EU-Verfassung.

Bei einem EU-Gipfel in Brüssel im Oktober hatte Chirac Deutschland vertreten. Am Donnerstag trifft Schröder den britischen Premier Tony Blair in Berlin. Auch dort ist die EU-Verfassung neben dem Irak und Afghanistan Thema. Das Treffen reiht sich ein in die enge Abstimmung zwischen Berlin, Paris und London vor dem EU-Gipfel Ende März. Am 18. Februar kommen Schröder, Blair und Chirac zu einem Gipfel in Berlin zusammen.

© SZ vom 10.02.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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