Autogipfel:Nicht jeder ist geladen

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Selbst die Industrie ist über die Gästeliste für das große Treffen am kommenden Montag irritiert. Denn die Minister­präsidenten zweier Bundesländer, in denen Autos gefertigt werden, sind nicht eingeladen. Jedenfalls bisher nicht.

Von Max Hägler, München

Verbrennerverbote, Roboterregeln, Konkurrenz aus Asien und den USA: Die deutsche Autoindustrie steht extrem unter Druck. In manchen Feldern arbeiten sogar die Konkurrenten deutlich stärker zusammen als bisher: BMW, Daimler und Volkswagen, alle machen immer mehr gemeinsam. Das Credo derzeit: Die Zukunft der Schlüsselindustrie mit 850 000 Jobs braucht eine Anstrengung von Arbeitnehmern, Arbeitgebern, aber auch allen relevanten Politikern. Doch wird das in der Bundesregierung offenbar noch nicht so gesehen: Beim Autogipfel am kommenden Montag sind die Ministerpräsidenten zweier wichtiger Autoländer bislang nicht geladen: Winfried Kretschmann (Grüne) aus Baden-Württemberg und Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen fehlen, wie beide Staatskanzleien am Donnerstag bestätigten, bei dem zweistündigen Treffen - und das sorgt auch in der Industrie für Verwunderung und Unmut. "Wir würden es begrüßen, wenn alle Länderchefs bei diesem wichtigen Thema mit am Tisch säßen", hört man aus der BMW-Zentrale. Auch bei anderen Autoherstellern ist man erstaunt, dass nicht auch alle zuständigen Landespolitiker auf der Gästeliste stehen, zu denen man enge Kontakte pflegt.

Gut zwei Dutzend Politiker und Manager werden sich am Abend ab 20 Uhr unterhalten über die Zukunft der Industrie: Die Vorstandschefs der Autohersteller und der großen Zulieferer wie Conti, ZF und Bosch und ihr Verbandschef Bernd Mattes. Mit dabei sind die Betriebsratschefs, da es nicht nur um "technologische Herausforderungen und Wettbewerbsfähigkeit" geht, sondern auch um "die Auswirkungen des technologischen Wandels" auf die Arbeitswelt. Von politischer Seite haben sich unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Finanzminister Olaf Scholz und Umweltministerin Svenja Schulze angemeldet.

Nicht nur die deutschen Topmanager halten die Runde für nicht hinreichend, auch die Landeschefs selbst haben das angemerkt. "Wir verstehen was von der Sache", hatten Winfried Kretschmann und Markus Söder am vergangenen Wochenende in einem SZ-Interview festgestellt und angemahnt: "Der Bund soll sich mit uns committen und nicht, wenn es mal klemmt, zufällig mit uns sprechen." An diesem Montag versandten die beiden gemeinsam mit Stephan Weil auch noch ein klares Schreiben an die Kanzlerin im gleichen Tonfall: Das Auto werde in den kommenden Jahren neu erfunden. Ohne gemeinsame Anstrengungen werde es "nicht gehen", die Herausforderungen von Wirtschaft und Klimaschutz zu bewältigen, heißt es in dem zweiseitigen Brief, der der SZ vorliegt. "Dazu ist es aus unserer Sicht allerdings auch notwendig, dass die führenden Autoländer in die geplante ,Konzertierte Aktion Mobilität' einbezogen werden." Sie schließen mit: "Wir freuen uns daher auf den Austausch" - doch blieb das ohne Erfolg und wird in den Ländern als Affront gewertet. Nur Markus Söder nimmt teil, offenbar in seiner Funktion als CSU-Chef, da auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer geladen ist.

Das Treffen am Montag gilt auch als Vorbereitung für das sogenannte "Klima-Kabinett", das im Juli über stärkere Anstrengungen für den Klimaschutz entscheidet; die Autoindustrie spielt dabei eine große Rolle. Wobei sie sich nicht einig ist, welcher Weg der richtige ist. Während Volkswagen allein auf Elektromobilität setzt, um drohende Strafzahlungen wegen hoher Spritverbräuche abzuwenden, hat BMW in einem der SZ vorliegenden Strategiepapier einen anderen Weg formuliert: "Technologieoffenheit ist für die zukünftige Mobilität entscheidend", es werde nicht die "one-fits-all" Lösung für alle Mobilitätsanforderungen der Kunden geben. Zugleich ist in dem BMW-Schreiben die Sorge vor all den Unwägbarkeiten ablesbar: Es gelte den durch Fahrverbote und unterschiedliche Anreizsysteme zersplitterten europäischen Binnenmarkt zu vereinheitlichen, es brauche Kauf- und steuerliche Anreize, um Kunden für Elektromobilität zu begeistern. Erst jüngst hat das Marktforschungsinstitut DAT herausgefunden, dass Elektromobilität von Neukunden als unattraktivste Antriebsform gewertet wird.

© SZ vom 21.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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