Autobahn-Privatisierungen:Frankreich gibt Gas

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Angesichts chronisch leerer Kassen beschleunigt Frankreich die milliardenschwere Privatisierung seiner Autobahnen.

Interessenten für die verbliebenen Staatsanteile an den Betreibergesellschaften ASF, APRR und Sanef könnten seit Montag die Ausschreibungsunterlagen anfordern, teilten Wirtschafts- und Finanzminister Thierry Breton und Verkehrsminister Dominique Perben mit.

Mautstation in Frankreich bei Ferienverkehr. (Foto: Foto: dpa)

Offerten für den Verkauf des mautpflichtigen Autobahnnetzes müssen dann bis zum 22. August eingereicht werden. Der Staat will im Herbst über den Zuschlag entscheiden. Paris habe sich entschlossen, "die Gesamtheit seiner Anteile" an den Autobahngesellschaften zu verkaufen, sagte Breton der Zeitung Les Echos.

Der Zeitung zufolge könnten die Verkäufe insgesamt elf Milliarden Euro bringen. Das eingenommene Geld soll laut Breton für den Ausbau der Infrastruktur und die Senkung der Staatsverschuldung eingesetzt werden.

Der französische Staat hält zur Zeit noch 50,3 Prozent an den Autoroutes du Sud de la France (ASF), 70,2 Prozent an den Autoroutes Paris-Rhin-Rhône (APRR) und 75,6 Prozent an der Société des Autoroutes du Nord et de l'Est de la France (Sanef). Bei Letzterer hatte sich Paris erst im März von ersten Anteilen getrennt und dabei 837 Millionen Euro eingenommen.

Auflagen für mögliche Käufer

Kandidaten für eine Anteilsübernahme müssen ihr künftiges Geschäftsmodell sowie das Interesse ihrer Offerte "für den Staat, das Unternehmen und seine Beschäftigten" darlegen, hieß es in einer Erklärung beider Ministerien. Breton betonte, eine Bedingung sei, dass die Käufer "dauerhaft" Aktionäre bleiben müssten.

Um die Transparenz des Verfahrens zu gewährleisten, soll "eine unabhängige Persönlichkeit" eingesetzt werden, die den Prozess überwacht. Der Name soll in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden.

Als sicher gilt, dass der französische Baukonzern Vinci ein Angebot für ASF abgeben wird. Er hält an dem Unternehmen bereits 22,7 Prozent. Daneben gelten auch die französischen Vinci-Konkurrenten Bouygues und Eiffage als Kandidaten. Experten vermuten, dass auch spanische Branchenfirmen in das Bieterrennen einsteigen werden.

Hoher Finanzierungsaufwand

Angesichts der nötigen Milliarden für die Übernahme werden auch Konsortien aus Baukonzernen und Finanzinvestoren für wahrscheinlich gehalten. Die SAPRR betreibt neben Strecken in Ostfrankreich vor allem die sehr verkehrsträchtige und größtenteils mautpflichtige Autobahn A6 zwischen Paris und Lyon, den ersten Teil der legendären französischen Ferienstrecke Richtung Süden.

Der zweite Teil (vor allem die A7) wird von der ASF betrieben. Die Sanef wiederum betreibt die mautpflichtigen Verbindungen von Paris Richtung Brüssel, Lille und Straßburg.

Staat zieht sich verstärkt zurück

Die Autobahnprivatisierung ist Teil einer ganzen Reihe von Staatsverkäufen. Anfang des Monats hatte Paris rund ein Fünftel der Anteile am Gasversorger Gaz de France (GDF) versilbert. Schon Anfang Juni hatte die Regierung für etwa 3,4 Milliarden Euro Anteile am Telefonkonzern France Télécom abgestoßen.

Im Oktober ist die Kapitalöffnung beim Stromriesen Electricité de France (EDF) geplant. Dadurch sollen weitere acht bis neun Milliarden Euro in die Staatskasse fließen.

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