Auslandsmessen:Auf Erkundung

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Mal sehen, was geht: Der Fokus liegt hier nicht auf dem schnellen Geschäftsabschluss: Die Shanghai International Automobile Industry Exhibition. (Foto: Carlos Barria/Reuters)

Für Firmen sind Messen das wichtigste Marketinginstrument im Ausland. Ein staatliches Förderprogramm hilft den Unternehmen, Kosten zu sparen und Aufmerksamkeit zu erzielen.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Der Andrang war groß, die Hallen waren voll. Vier Tage lang stand das National Exhibition and Convention Center in Shanghai Anfang Dezember ganz im Zeichen der Autobranche. Mit dabei auf Asiens größter Fachmesse für Kfz-Teile, Zubehör und Ausrüstung war das Maschinenbauunternehmen autop aus Nordrhein-Westfalen. "Asien ist für uns eine wichtige Wachstumsregion. Wir haben die Teilnahme unter anderem dazu genutzt, um die Zusammenarbeit mit neuen Geschäftspartnern aus dem chinesischen und Südostasiatischen Markt zu vertiefen", sagt Karsten Meinshausen, Vertriebs- und Marketingleiter von autop.

Der Hersteller von hydraulischen Unterflur-Hebebühnen lässt sich den Auftritt in China rund 20 000 Euro kosten. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sind internationale Branchenveranstaltungen wichtigstes Marketinginstrument im Ausland. Der Fokus liegt hier nicht auf dem schnellen Geschäftsabschluss, sondern auf Marktbeobachtung und -erkundung. "Auslandsmessen bieten Unternehmen die Möglichkeit die Marktchancen der eigenen Produkte in den jeweiligen Ländern zu beurteilen sowie Mitbewerber und Partner zu identifizieren", sagt Marco Spinger, Geschäftsbereichsleiter Globale Märkte des Ausstellungs- und Messeausschusses der deutschen Wirtschaft (Auma).

Autop ist mit seinen Produkten und Dienstleistungen auf zehn Veranstaltungen im Jahr weltweit vertreten. Das Budget dafür beträgt 500 000 Euro. Vertriebschef Meinshausen wählt die Messepräsenz des 18 Millionen Euro Umsatz starken Unternehmens nach dem Businessplan aus. Ziel ist es, den Exportanteil von aktuell 35 Prozent auf etwa 50 Prozent zu steigern. Der Schwerpunkt der Messeaktivitäten liegt in Europa, wo autop 80 Prozent des Umsatzes erzielt. Fixpunkte im Messeprogramm sind etwa der Genfer Autosalon, die Automechanika Frankfurt sowie die Autopromotec Bologna.

Die Wachstumsmärkte des Maschinenbauers liegen außerhalb der EU. "Als Werkstattzulieferer ziehen wir de facto der Automobilindustrie hinterher. Verkaufen die deutschen Hersteller viele Fahrzeuge in China und eröffnen am Ort BMW- und Mercedes-Vertragswerkstätten, dann sind wir gefragt", sagt Meinshausen. Rund fünfzig Prozent des Gesamtumsatzes des Zulieferers von BMW, Mercedes, Renault und VW entfallen auf Geschäfte mit markengebundenen Werkstätten. Das Messebudget der autop für Veranstaltungen auf den Zukunftsmärkten Südostasien, Naher Osten und Südamerika liegt deutlich unter jenem für europäische Branchentreffs. "Nutzen wir eine Auslandsmesse zum Markteintritt, dann läuft alles unter dem Motto low budget. Das heißt, am Ort zeigt ein kleines Team ein eingeschränktes Produktangebot", sagt Meinshausen.

Um Kosten zu sparen, greift das Unternehmen gerne auf das Messeförderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zurück. Dieses bietet Betrieben die Möglichkeit, im Rahmen des deutschen Pavillons an Auslandsveranstaltungen zu günstigen Konditionen teilzunehmen. Neben marktrelevanten Informationen zum Zielmarkt umfasst das Angebot die Bereitstellung des Messestandes und Serviceleistungen wie Wlan und Bewirtung. "Die Teilnahme an den Gemeinschaftsständen reduziert die unmittelbaren Messekosten im Ausland um durchschnittlich 50 Prozent", sagt Auma-Experte Spinger. Für Transport- und Reisekosten müssen die Betriebe selbst aufkommen.

Im kommenden Jahr umfasst das Messeprogramm 241 Beteiligungen in 40 Ländern. Mittelständische Unternehmen profitieren besonders im Nahen Osten und Asien von der Dachmarke "Made in Germany". Durch den professionellen Auftritt und die prominente Platzierung der Gemeinschaftsstände erzielen die Aussteller größtmögliche Aufmerksamkeit. "Die Nachfrage nach unterstützten Messebeteiligungen in Übersee ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Deutsche Mittelständler sehen insbesondere in China, Indien und der Türkei weiter große Marktchancen", sagt Spinger. Autop wird auf den Automechanika in Dubai und Mexiko im Deutschen Pavillon dabei sein. Die Entscheidung über eine Messeteilnahme trifft der autop-Manager Meinshausen auf der Grundlage folgender Kriterien: "Die Frage ist, ob wir mit unseren Ressourcen überhaupt in der Lage sind, den jeweiligen Markt zu bedienen. Also mit qualifiziertem Personal in der Zentrale und am Ort, entsprechender Logistik für Lieferung und Service sowie marktüblichen Zahlungssicherheiten". Die Arbeit für den Auftritt auf neuen Märkten muss also frühzeitig beginnen.

"Unterm Strich zählt, was nach der Veranstaltung passiert."

Für Vertrieb und Service hat das Unternehmen, das zum dänischen Stenhoj-Konzern gehört, ein weltweites Netzwerk mit 68 Vertriebspartnern aufgebaut. Diese helfen den deutschen Mitarbeitern auch, sich mit den Feinheiten der jeweiligen Geschäftskultur vertraut zu machen. Fachbesucher in den USA haben etwa gänzlich andere Erwartungen an Gesprächstermine mit Ausstellern als jene in Asien. Häufig geben scheinbare Kleinigkeiten bereits den Ausschlag. "In einigen arabischen Ländern, aber auch in Lateinamerika kommt es nicht bei allen Besuchern gut an, wenn Aussteller Produktinformationen und Werbematerial ausschließlich auf Englisch anbieten. Wenn die Firmenvertreter oder ein Dolmetscher die Landessprache beherrschen, wäre das sicherlich optimal", sagt Spinger.

Ist die Messe gelaufen, ist die Arbeit noch nicht getan. "Unterm Strich zählt, was nach der Veranstaltung passiert. Aufgrund der Distanz ist die Nachbearbeitung bei Messen im Ausland noch wichtiger als im Inland. Bis sich die Präsenz auf einer Auslandsmesse im Umsatz niederschlägt, können bis zu 12 Monate vergehen", sagt Meinshausen. Mit Einladungen zur Werksführung nach Deutschland sowie Schulungen zur Wartung der Hebebühnen versucht das Unternehmen, die internationalen Geschäftskontakte zu vertiefen.

In wenigen Wochen laufen in Rheine die Vorbereitungen für den nächsten großen Messeauftritt beim Autosalon in Genf Anfang März 2016 an. Dort trifft autop auf viele Wettbewerber und will mit lokalen Partnern seine Innovationen zeigen. Die Hallen werden wieder voll sein.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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