Auslandsinvestments:"Eine höchst unbefriedigende Situation"

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Die "Fünf Weisen" kritisieren schon seit Jahren, dass die Kosten von Auslandsinvestitionen in Deutschland absetzbar sind. Von Ulrich Schäfer

Gelegentlich lohnt es sich, die Gutachten der "Fünf Weisen" zur Gänze zu lesen. In Berlin geschieht dies selten, denn es handelt sich hierbei um dicke, bisweilen mehr als tausend Seiten umfassende Schwarten.

Übergabe des Jahresgutachtens der fünf Wirtschaftsweisen 2004/05 (Foto: Foto: AP)

Im Gutachten des Jahres 2003, überreicht im November an den deutschen Bundeskanzler, findet sich ein Hinweis, der den Finanzminister eigentlich elektrisieren müsste: Der deutsche Fiskus könne, indem Jobs und Steuereinnahmen ins Ausland verlagert werden, "gewissermaßen zum Objekt internationaler fiskalischer Ausbeutung werden", warnen die Mitglieder des Sachverständigenrats: "Es leuchtet ein, dass dies aus nationaler Sicht eine höchst unbefriedigende Situation ist". Deutlicher können Wissenschaftler kaum werden.

Im Herbst 2004 haben die "Fünf Weisen" das Problem in ihrem Gutachten erneut angetippt. Auch der Wiesbadener Ökonom Lorenz Jarass und der Frankfurter Steuerrechtler Alfons Weichenrieder haben dazu in zwei jüngst veröffentlichen Studien dezidierte Anmerkungen gemacht.

Jarass steht den Grünen nahe und nervt das Finanzministerium schon seit langem mit seiner Kritik an Eichels Steuerpolitik. Er sieht hier "ein Riesenproblem, das von der Regierung konsequent ignoriert wird".

Der deutsche Fiskus geht leer aus

Im Kern geht es dabei um die Verletzung des "Abzugsverbots", einer Grundregel des Steuerrechts, die besagt: Wer Einnahmen erzielt, die nicht der Steuer unterliegen, darf auch nicht die Kosten, die ihm dabei entstanden sind, von der Steuer absetzen. Umgekehrt gilt: Wenn die Einnahmen der Steuer unterliegen, darf der Steuerzahlen die Kosten natürlich in voller Höhe geltend machen.

Eben jene Logik wird bei den Auslandsinvestitionen seit einigen Jahren durchbrochen. Weil der deutsche Finanzminister zumindest einen kleinen Teil der üppigen Gewinne, die deutsche Konzerne von ihre ausländischen Tochterfirmen kassieren, für sich haben will, unterwirft er diese einer zweiprozentigen Steuer.

Im Gegenzug dürfen die Konzerne alle Kosten, die beim Job-Export entstehen, in Deutschland absetzen. Dies gilt für Baukosten, Beraterhonorare oder Kredite, mit denen sie die Investitionen finanzieren. Die Sachverständigen zeigen mit einer Modellrechnung, wie ein Unternehmen, das in Deutschland Gewinne erzielt, seine Abgabenlast hierdurch minimieren kann. "Im Ergebnis fließen dem ausländischen Fiskus sämtliche Steuereinnahmen zu, der inländische geht dagegen gänzlich leer aus."

EU-einheitliches Steuerrecht

Doch was tun? Der deutsche Fiskus befinde sich, räumen die "Fünf Weisen" ein, in einem Dilemma. Denn egal, was Hans Eichel unternimmt: Irgendwo taucht immer ein Problem auf. Er könnte zum Beispiel den Unternehmen verbieten, ihre Kosten für Auslandsinvestments abzusetzen; doch dies müsste er dann, so will es inzwischen das EU-Wettbewerbsrecht, auch bei Investitionen im Inland verbieten.

Dies wäre, schreiben die Ökonomen, "unter ökonomischen Gründen abzulehnen". Es gefährdet Jobs. Natürlich könnte Eichel auch darauf bestehen, dass die Unternehmen ihre Kosten für Investments, etwa den Kredit bei einer deutschen Bank, nur im Ausland geltend machen dürfen. "Einer solchen Regelung", urteilen die Ökonomen, "dürfte aber kein Land zustimmen, nicht zuletzt aufgrund administrativer Schwierigkeiten bei der Aufteilung von Aufwendungen auf mehrere Staaten".

Was also bleibt? Letztlich nur eine Reform, die in der gesamten EU ein einheitliches Unternehmenssteuerrecht schafft. "Beim Übergang zu einer konsolidierten Besteuerung von Konzernen", heißt es im Gutachten der Fünf Weisen, "würde dieses Problem verschwinden."

© SZ vom 07.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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